Dry-Aged Fisch: Wie Reifung die Fischküche verändert

Dry-Aged Fisch: Wie Reifung die Fischküche verändert

Was bei Fleisch längst Standard ist, revolutioniert nun auch die Fischküche: das Dry-Aging. Durch kontrollierte Reifung gewinnt Fisch an Aroma, Struktur und Tiefe. Küchenchefs wie Felix Schneider und Experten wie Sebastian Baier treiben die Methode voran – inspiriert vom australischen Vorreiter Josh Niland.
Text Julius Schneider
Datum09.04.2025

Der Stör wurde vor sechs Wochen im „etz“ in Nürnberg angeliefert, erst jetzt hat er den perfekten Geschmack, eine völlig neue Textur und wird gegrillt mit geräuchertem Schmand, Schnittlauch und frittierten Pilzen serviert. Was seltsam klingt, ist ein Verfahren, das bei Fleisch schon lange angewendet wird: Dry-Aging. Felix Schneider, Küchenchef im „etz“, ist von der Methode überzeugt. „Das eigentlich harte und feste Fleisch wird durch die Reifung eher seefischartig“, sagt er, „es hat dann etwas von gebratener Seezunge.“

Zeit ist Geschmack: Josh Niland ist Experte für trocken gereiften Fisch.

Vorreiter dieser Methode ist der australische Spitzenkoch Josh Niland, der gezeigt hat, wie Fisch durch kontrollierte Trocken- reifung ein intensiveres Aroma und eine bessere Textur entwickeln kann. Seit 2016 verarbeitet er Fische im Ganzen und expe- rimentiert mit Reifeprozessen. In seinem Restaurant „Saint Peter“ in Sydney serviert er beispielsweise 12 Tage gereiften Gelb- flossen-Thunfisch oder 14 Tage trocken gereifte Schwertfischrippe.

„Damit der Prozess funktioniert, muss der Fisch extrem frisch sein“, sagt Sebastian Baier, „sonst kann man ihn nicht reifen lassen.“ Der Fischhändler aus Börnsen in Schleswig-Holstein gehört zu den wenigen Experten, die Fisch trocken reifen lassen, um daraus eine Delikatesse zu machen. Mit dieser Technik will er vor allem regio- nale Fischarten aufwerten. Der Wels aus der Elbe reift vier bis sechs Wochen im Dry-Ager, der fette Winterzander bis zu zehn Tage.

In Deutschland führend, wenn es um dry aged fish geht: Sebastian Baier.

Die Bedingungen, unter denen der Fisch gelagert wird, müssen genau kontrolliert werden. Bei Temperaturen zwischen 0 und 2 °C hängt der Fisch im Reifeschrank, die Luftfeuchtigkeit ist etwas höher als bei Fleisch. Im Gegensatz zur herkömmlichen Fischlagerung wird die Kühlung auf Eis vermieden. Der kontrollierte Feuchtig- keitsverlust ist gewollt, die Aromen kon- zentrieren sich, durch enzymatische Pro- zesse werden Proteine abgebaut, die Textur wird zarter. Besonders geeignet sind fette Fische, die einen umamireichen Geschmack entwickeln.

Eine neue Qualität

Dry-aged Fisch ist kein Trend – es ist eine neue Art des Fischgenusses. In der Spitzen- gastronomie weiß man um die Vorzüge des kontrolliert gereiften Fisches, der mit fri- scher Ware nicht zu vergleichen ist. Die veränderte Textur, der konzentrierte Ge- schmack und die längere Haltbarkeit ma- chen ihn für die anspruchsvolle Küche besonders attraktiv. „Für mich ist das ein wahnsinniger Qualitätssprung“, sagt Felix Schneider.

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