1975 – Die erste Ausgabe von „Der Feinschmecker“

Feinschmecker Nr. 1

Zum 50-jährigen Jubiläum ein Blick zurück: Die erste Ausgabe des Feinschmecker von 1975 zelebrierte Genuss in all seinen Facetten – von der Toskana bis Tempura. Zu einem Preis von 6 Mark gab es Opulenz auf allen Seiten.  
Text Gabriele Heins
Datum08.04.2025

Prunk auf dem Teller

Setzen wir uns fröhlich zu Tisch!" So begrüßte Chefredakteur Jochen Karsten die Leser - und auf den folgenden 98 Seiten wurden Genussthemen aus den Bereichen Reise, Rezepte, Wein und Lebensart entfaltet, die uns heute noch begleiten: Provence, Wien und die Weine der Toskana, aber auch deutscher Schinken, Shabu-Shabu („Für den Durchschnittsdeutschen ist es ein Buch mit sieben Siegeln") und Bourbon-Whiskey. Nicht zu vergessen die Erfindung Kalbsrückensteak mit Jakobsmuscheln, benannt nach dem Opernsänger René Kollo. Die Texte waren episch, essayistisch, persönlich und auf-klärerisch. Auffällig viele Professoren und Autoren mit Adelstitel fanden sich unter den Journalisten. Der Look war prunk voll, die Teller quollen nahezu über, und Werbung für Spirituosen war selbstverständ-lich. Was damals im Editorial stand, gilt heute erst recht: „Die Feinschmeckerei ist in der Unvollkommenheit dieser Welt ein klassischer Trost, ein Höhepunkt im wirren Ablauf der Zeit."

Eine Kreation von Küchenchef Joachim Grill („Conti- Stuben“, Berlin) und Stammgast René Kollo. Zutaten: Jakobsmuscheln, Kalbsrücken, Sauce Béarnaise, Whiskey und Trüffelkroketten. Zu der Zeit durfte es ruhig etwas mehr sein!
„Es ist schwer, vor der Schönheit dieser Landschaft sachlich zu bleiben“, schrieb Monika von Zitzewitz. Hervorgehoben wurde das Gut von Baron Ricasoli: Weine, die würdig sind, „den Ruhmestaten dieses alten Landes zur Seite zu stehen“

Staffelübergabe in der Chefredaktion

Als Jochen Karsten zusam- men mit Verleger Kurt Ganske (Jahreszeiten Verlag) 1975 den Feinschme-cker von Verleger Arne Krüger übernahm, blieb er bis 1989 Chefredakteur und danach bis 2005 aktiver Herausgeber. Als Chefredakteure folgten: Horst-Dieter Ebert (1989-1992; bekannt auch durch „Eberts Bordbuch“), Wolf Thieme (1992-1997; verstorben 2023), Madeleine Jakits (1997-2020), Deborah Middelhoff (2020-2024), seit März 2024 Gabriele Heins. Unsere langjährigste Mit- arbeiterin ist Sabine Michaelis, die Text- redakteurin ist seit 1994 im Team und betreut aktuell das Reiseressort.

Der renommierte Fotograf Christian von Alvensleben setzte den Japan-Bericht in Szene, in dem den Lesern Sushi, Tempura und Shabu-Shabu erklärt wurden. Der Feinschmecker gab zu bedenken: „Geschmacklich muss man sich aber völlig umstellen.“
Chefredakteur Jochen Karsten wollte mehr über seine Leser wissen, etwa „Beruf des Haushaltsvorstandes“ und „Wie oft bewirten Sie Geschäftsfreunde?“. Die Texte waren oft literarisch und historisch geprägt. Gogol und Goethe standen gern mal neben Makrelen und Pasteten.
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