Fabian Feldmann: Aromenstarke Küche in Frankreich
„Das Kochen hat mein Leben gerettet“, sagt Fabian Feldmann und lacht sein frohes und lautes Lachen. Er, der in der Schule immer aneckte und nur wusste, was er nicht wollte, schmiss als junger Mann das Jurastudium und fand sein Glück. Am Herd – und auch bei den Bauern, den Fischern und auf dem Markt seiner Wahlheimat Biarritz, wo er mit seiner Frau Sarah das Restaurant „L’Impertinent“ betreibt.
Das Restaurant „L’Impertinent“ erhält vom Feinschmecker 3,5F und wurde vom Guide Michelin mit einem Stern bewertet. Somit zählt es zu den besten Restaurants in Biarritz.
Wie sieht ein Tag von Sternekoch Fabian Feldmann aus?
„Es tut mir gut, dass mein Kopf wegen meiner Restaurants keine Pause hat“, sagt der 49-Jährige. „Ich kann einfach immer über die schönste Sache der Welt nachdenken.“ Sein Tag beginnt früh, um sieben ist er schon auf dem Weg zu seinen Fischern in Capbreton. Die rufen ihn morgens an, damit er weiß, mit welchem Fang er rechnen kann. Danach geht’s zum Gemüsemarkt im nahen Anglet. Sein Fleisch, die Kräuter und Käse holt er direkt bei Züchtern in den Pyrenäen.
„Als ich hier ankam, wunderten sich die Bauern. Ich war der erste Koch, den sie in ihrem Leben auf dem Hof zu sehen bekamen“, sagt Feldmann. „Französische Chefs der alten Schule sind Stars, die gehen nicht selbst zu den Produzenten. Aber ich wollte genau das.“
Wie schmeckt es im „L’Impertinent?“
„Die französische Küche ist sehr rund und voll, selten gibt es Überraschungen aus Schärfe und Säure. Und genau darauf setze ich“, sagt Feldmann. „Am Anfang fanden die Gäste genau das impertinent, ,unverschämt‘. Mittlerweile lieben meine Stammkunden diese Aromen.“
Zuletzt war er mehrfach in Japan, von dort brachte er fürs Menü jede Menge Ideen und Aromen mit. So aromatisiert er die baskische Lachsforelle heute mit japanischen Kirschblüten und serviert sie als Sashimi sowie nur ganz leicht gegrillt – es ist, als würde der Gast zum ersten Mal in seinem Leben Lachsforelle genießen.
Sternekoch Feldmann versucht, seinen Produkten stets einen neuen Reiz zu geben. Das gegrillte Lamm mit Zucchini und frischem Schafskäsebruch kommt mit Safranspätzle und gemahlenem Erd-Efeu geradezu leichtfüßig daher. Und immer ist da ein scharfer Akkord oder ein fruchtiger – überraschend, süffig und trotzdem sehr fein. Und die Teller strotzen nur so vor Farbkontrasten und kreativen Ideen.
„Meine Gourmetküche soll für jedermann zugänglich sein. Essen ist hier nichts Elitäres“, sagt der Koch. Zudem sieht er sich auch im Sinne des französischen Wortes als Restaurateur. „Ich möchte meine Gäste restaurieren. Wie oft geht es dem Gast woanders schlecht nach dem Essen! Er denkt, er sei betrunken, dabei hat er einfach schlecht und viel zu viel gegessen.“ Er verzichtet weitgehend auf Sous-vide-Garung, vermeidet zu viele Arbeitsschritte. „Mein Fisch und mein Fleisch werden gegrillt, so ist es am besten – und am bekömmlichsten.“
Warum ist Fabian Feldmann der Kontakt zu den Erzeugern so wichtig?
Weil er weiß, was für überragende Produkte hier im Baskenland aus dem Meer und von den Bergen kommen: Lachsforellen, die im Dörfchen Banka in einem Stauwehr mit frischem Quellwasser schwimmen. Fleisch von Züchtern in den Pyrenäen, die alte, vom Aussterben bedrohte Rassen gerettet haben, Kintoa-Schweine, Kriaxera-Enten. Außerdem kann er auf diese Weise Einfluss nehmen: „Wir leben im Paradies, und trotzdem gab es hier, als ich ankam, überall Wagyu- und Kobe-Rind – und ich hab gesagt: ,Hey, spinnt ihr? Wir haben hier so gutes Zeug, das ist brutal regional, danach lecken sich alle Köche der Welt die Finger.‘“
Wie meistert der Koch die aktuellen Herausforderungen?
„Auch in Frankreich hat die Inflation zugeschlagen, die Leute achten jetzt mehr aufs Geld“, sagt Feldmann. Deshalb bietet er im „L’Impertinent“ nun auch abends ein Menü mit lediglich drei Gängen an. Und mitten in der Pandemie hat er im nahen Bayonne ein zweites Restaurant eröffnet. „Basa“ heißt das Lokal, das Wort bedeutet „wild“, „unbändig“ auf Baskisch. Es hat sich schnell zu einer Art Lieblingskantine der Einheimischen entwickelt.
Für die Volksfeste in Bayonne hat der Koch sogar ein Fastfood erfunden: Ke’basq, eine Hommage an seine deutsche Heimat und ihre Dönerkultur – mit Lamm und Schwein aus den Pyrenäen und bestem Gemüse.
Die Weinkarte im „L’Impertinent“ mit Schwerpunkt auf baskischen und französischen Naturweinen kuratiert Fabians Frau Sarah, die auch das Geschirr selbst herstellt. Der Gastraum ist hell und freundlich, im Sommer sitzt man schön auf der Terrasse mit Blick auf den Vorplatz.
Die Personalkrise trifft Feldmann weniger als Konkurrenten in Paris. „Wer nach Biarritz zieht, der bleibt. Meine Leute suchen ja genau diese Lebensqualität, den Ozean, das Surfen, diese unglaublichen Landschaften.“ Überstunden gibt es bei Feldmann keine, 35 Stunden arbeiten seine Leute, mehr nicht.
Was ist noch deutsch an Fabian Feldmann?
Fragt man das Pauline, die junge Chef de Partie, fällt ihr zunächst nichts ein, weil Feldmann mit seinem Charme und seiner Lebendigkeit längst ein halber Franzose ist. Doch dann sagt sie lachend: „Wie heißt das Sprichwort? In Frankreich arbeiten wir, um zu leben, während die Deutschen leben, um zu arbeiten. Fabian liebt das Leben, aber er arbeitet immer. Immer.“ Doch er will es ja so, dieser eigenwillige Hüne, den sie wegen des Irokesenschnitts früher Punk-Koch nannten. „Mein Schuldirektor hat mich einst kopfschüttelnd gefragt, was ich mal werden will. Ich habe nur geantwortet: glücklich.“
5 Bekenntnisse von Fabian Feldmann
Meine größte Küchenpanne ...
war die Farce, die ich „Im Schiffchen“ versaut habe. Schnittfest sollte sie sein, war dann aber doch eher eine Creme – zu viel Zitrone, glaube ich. Neulich ist uns in der Küche eine Sahne-Gaspatrone in die Fritteuse gerollt, das hat ganz schön geknallt. Aber zum Glück haben sich alle rechtzeitig geduckt.
Das Essen meines Lebens
war ...
neulich in Tokio, in einer geheimen Sushi-Bar namens Tachiguizushi Akira, die versteckt hinter einem anderen Restaurant lag. Die Karte zu übersetzen war eine Herausforderung. Aber das Essen – ein Traum!
Gerne würde ich einmal kochen für ...
meine Großmütter, die leider nicht mehr bei uns sind. Meine eine Oma hat mir immer davon abgeraten, Koch zu werden, weil ihr Vater auch einer war – und nie daheim. Jetzt würde ich ihr gern zeigen, wie viel Freude es mir macht, meinen Gästen Freude zu machen.
Meine geheime kulinarische Sünde ist ...
Kaviar. Mein Liebling ist derzeit der Perle Noire unseres kleinen Fabrikanten aus dem Périgord. Dort wachsen die Störe in ihrem natürlichen Lebensraum auf.
In 50 Jahren wird die Gastronomie ...
sicher in vielen Fällen noch optimierter und unpersönlicher sein, mit Robotern statt Maîtres. Aber es wird auch noch gute Läden geben, mit Ethik und Leidenschaft. Die Preise werden weiter steigen, die Löhne auch. Und alles wird viel vegetarischer sein.
Im schlichten Gastraum werden regionale, nachhaltige Produkte in kreativen Menüs serviert.
Alles über Spitzenkoch Fabian Feldmann
Stationen:
In Nürnberg geboren, begann Feldmann 1995 als Lehrling in der Fürther „Kupferkanne“. Nach Stationen „Im Schiffchen“ in Düsseldorf, im „Don Alfonso“ in Italien und bei Pierre Gagnaire in Paris führte er das „Restaurant Gastronomique“ in Heroldsberg zum ersten Stern. 2010 zog die Familie in die französische Heimat seiner Ehefrau Sarah, 2012 eröffnete das Paar das „L’Impertinent“ in Biarritz, 2022 die Brasserie „Basa“ im nahen Bayonne.
Restaurant:
Das „L’Impertinent“ in einer ruhigen Straße hat 30 Plätze im Saal, zehn auf der Sommerterrasse.
Mitarbeitende:
Fünf in der Küche, vier im Service (Stand Juli 2024).
Hobby:
Feldmann liebt es, im Atlantik zu schwimmen, sogar im Winter. Die grünen Hügel der Côte Basque nutzt er für ausgiebige Radtouren. Und er reist gern, zuletzt viel nach Japan.
Familie:
Sarah Feldmann ist Sommelière und stellt die Keramik für die beiden Restaurants selbst her. Die gemeinsamen Töchter sind 16 und 19 Jahre alt.