Johannes Kolonko: Der Spirituosenproduzent im Porträt
Die Sonne scheint, Johannes Kolonko hockt im Schatten eines alten Weinbergpfirsichbaums. Auf dem noch taufeuchten Gras sammelt er den Grundstoff für seine Obstbrände: vollreife Früchte, die vom Baum gefallen sind. "Jetzt ist das Aroma dieser Steinfrüchte voll da, der Zuckergehalt sehr hoch – besser geht’s nicht", sagt er und lächelt zufrieden. Johannes Kolonko verwendet ausschließlich handverlesene Früchte von Streuobstwiesen oder alten Solitärbäumen, um daraus Obstbrände herzustellen, die in ihrer Qualität unvergleichlich sind. Der 35-Jährige ist gelernter Winzer, hat in Geisenheim Weinbau studiert und viele Jahre lang Weingüter beraten, bevor er sich entschloss, "die Essenz der Früchte einzufangen", wie er es nennt. Um das zu schaffen, braucht es absolute Hingabe, Handarbeit und Wissen. Allein die richtigen Bäume zu finden, ist eine Herausforderung.
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Plantagenobst und Pestizide sind für Johannes Kolonko keine Option
Für seine Spirituosen hält er immer nach alten Bäumen Ausschau, geht ungewöhnliche Wege und schaltet Kleinanzeigen in der Badischen Zeitung. "Oft sind es ältere Menschen, die auf meine Anzeigen reagieren und schon seit vielen Jahren einen alten Obstbaum im Garten stehen haben, der nie abgeerntet wird", sagt er. "Die freuen sich, wenn ich komme und ihr Obst mitnehme." Mit seinem alten VW T4 fährt er durch kleine Ortschaften rund um Staufen im Breisgau zu seinen Obstbäumen: Pflaumen in Grunern, Schwarze Johannisbeeren in Ihringen oder Butterbirnen in Heitersheim. Überall hängen alte, besondere Sorten, die Johannes Kolonko per Hand vom Baum erntet, oder er wartet, bis sie am Boden liegen – eine langwierige Arbeit. Denn die Weinbergpfirsiche tragen ihre Früchte bis zu acht Wochen, jeden Tag fallen reife Früchte herab. Für Johannes Kolonko bedeutet das, fast täglich den Boden unter den Bäumen abzusuchen, um Nagern, Insekten oder Fäulnis zuvorzukommen. Droht ein Unwetter, findet man ihn auch morgens um vier mit Stirnlampe unter den Obstbäumen. "Ich weiß ja, warum ich das mache, mich schickt niemand – ich bin glücklich dabei." Sind die Kisten gefüllt, geht die Arbeit weiter.
Ein langwieriger Prozess
Die Früchte sortiert er nach Reifegrad vor, lässt die, die noch Zeit brauchen, im Kühlanhänger nachreifen. Darin stapeln sich Kisten mit Quitten, Pfirsichen, Äpfeln, Birnen und Zwetschgen. Die reifen Früchte werden eingemaischt und in Edelstahlfässer gefüllt. Zuvor geht jede einzelne Frucht noch mal durch die Hände von Johannes Kolonko, wird auf Schäden überprüft und von Hand entkernt. Alle Früchte werden spontan vergoren, Hefe wird nicht zugesetzt. Je nach Sorte der Früchte und Temperatur kann das zwischen drei Wochen und vier Monaten dauern. Erst dann brennt er auf seiner alten Kupferdestille von 1963, die er für den Rohbrand mit Holz befeuert. "80 Liter fasst die Brennblase – eine lächerliche Menge, verglichen mit großen Brennbetrieben", sagt er. Die arbeiten mit Tonnen von Früchten, die maschinell von Bäumen geschüttelt und alle auf einmal verarbeitet werden.
Sämtliche Reifegrade werden gemischt, und zugesetzte Hefen beschleunigen die Fermentation. Johannes Kolonko nimmt sich die Zeit, die es braucht, um Topqualität herzustellen. Den ersten Brand lässt er in kleinen Edelstahlfässern ruhen. An die aufwendigere Herstellung des Feinbrands macht er sich dann erst im Frühjahr, denn von Juni bis Dezember findet man Kolonko draußen beim Sammeln der Früchte. Auf seiner eigenen Streuobstwiese mit 20 Sorten steht sein ältester Baum, ein 80-jähriger Gravensteiner, der bis heute Äpfel trägt und noch nie mit Dünger oder Pestiziden in Kontakt kam. Wilde Mirabellen entdeckte Johannes Kolonko zufällig bei einer seiner Fahrten auf einer alten Pferdekoppel. Das Gras dort ist sich selbst überlassen, wuchert um die Beine des drahtigen Obstbrenners, dessen Blick den Boden absucht, um die kleinen Früchte, die nicht größer als Kirschen sind, zu finden. "Das ist wie Ostereier suchen, ich freue mich, wenn ich welche entdecke."
Johannes Kolonkos Weg in die Selbstständigkeit
Als er sich 2018 selbstständig machte, wusste er nicht, ob sich dieser Aufwand lohnen würde. Aber er wusste, dass er aus Früchten einen Brand herstellen kann, der einzigartig ist. Verschiedene Spitzenrestaurants wie das "Nobelhart & Schmutzig" in Berlin, das "etz" von Felix Schneider in Nürnberg oder das "Sonnora" in Dreis wissen seine Arbeit und die Brände zu schätzen. Man muss kein Obstbrandkenner sein, um zu verstehen, was so besonders ist. Allein der Duft des Weinbergpfirsichs katapultiert einen in einen Himmel vollreifer Früchte. Am Gaumen sanft, facettenreich und überhaupt nicht spritig, entfalten die Brände die Magie der Transformation im Mund. Johannes Kolonkos Augen leuchten, wenn er von der faszinierenden Verwandlung der Früchte spricht. Die finalen Brände lagern in kleinen Glasballons und werden auf Bestellung in Flaschen gefüllt. Das letzte Stück Handarbeit erfolgt, wenn der Korken sitzt. Johannes Kolonko signiert und nummeriert jedes Etikett und trägt mit einem Pinsel ein Hauch Blattkupfer auf – einzigartig wie der Brand in der Flasche.