Ali Güngörmüs im Porträt

Ali Güngörmüs: Ein Spitzenkoch auf der Überholspur

Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen im Osten Anatoliens, kam Ali Güngörmüs in den 80er Jahren als Gastarbeiterkind nach Deutschland. Nach seiner Kochlehre ging es schnell steil bergauf, 2006 erkochte er seinen ersten Stern. Doch der Erfolg hatte auch seinen Preis... 
Datum18.01.2023

Steckbrief Ali Güngörmüs

Name: Ali Güngörmüs

Alter:  geboren am 15. Oktober 1976 in Tunceli (Türkei)

Stationen: 1995-1996 Commis de Cuisine/Chef Saucier im Gasthaus Glockenbach in München, 19996-1998 Demi Chef/Chef de Partie im Restaurant Tantris in München (von DER FEINSCHMECKER mit 4F bewertet), 1998 Commis Garde Manager/Chef de Partie im Restaurant Schweizer Stuben in Wertheim-Bettingen, 1999-2000 Chef de partie/Junior Souschef im Restaurant Käfer-Schänke in München, 2001-2003 Küchenchef im Restaurant Ederer in München, 2003-2005 Küchenchef im Restaurant Lenbach in München, 2005-2016 Inhaber und Küchenchef des Le Canard Nouveau in Hamburg (2006 ein Michelin-Stern, seit 2020 geschlossen), seit 2014 Inhaber und Küchenchef des Pageou in München, seit 2022 Inhaber und Küchenchef des Pera Meze in München

Bücher

Restaurant: Das Pageou, benannt nach dem anatolischen Heimatdorf von Ali Güngörmüs, ist ein stilvolles und zugleich gemütliches und zwangloses Restaurant in den Fünf Höfen in München. Das Essen – mediterran-orientalisch mit einem Hauch von 1001 Nacht – überzeugt durch seine Aromenvielfalt. Das Chef’s Menü gibt es ab 139 Euro pro Person. 

DER FEINSCHMECKER zeichnet das Pageou mit 3F aus. Die detaillierte Restaurant-Bewertung finden Sie am Ende dieses Artikels.

Pageou
Kardinal-Faulhaber-Straße 10 
80333 München
Tel.: 089 24231310
www.pageou.de
Geöffnet Di bis Sa 18-0 Uhr

Wo kommt der Koch Ali Güngörmüs her?

Aufgewachsen ist Ali Güngörmüs in einem kleinen Dorf im Osten der Türkei. Den Ort Pageou, wie heute sein Münchner Restaurant heißt, kann man sich wie eine Art anatolisches Bullerbü vorstellen: einfach und idyllisch. Hier, in einer von sieben Lehmhütten ohne Strom und fließend Wasser, verbrachte Güngörmüs als viertjüngstes von sieben Geschwistern seine ersten zehn Lebensjahre. Gekocht wurde an einer Ofenstelle, auf den Teller kam, was Obstbäume, Gemüsefelder und die wenigen Tiere hergaben. Ein Leben in der Natur mit simplem Essen – und trotzdem fehlte es an nichts. 

"Wir haben vom Einfachen immer das Beste bekommen", sagt Ali Güngörmüs voller Demut in einem Interview mit dem Hessischen Rundfunk. Noch heute schwärmt der Spitzenkoch vom Kartoffelstampf seiner Mutter – verfeinert mit Petersilie, Tomatenmark und Pinienkernen, gewürzt mit etwas Zimt und Koriander. Dazu gab es Fladenbrot und selbst zubereitetes Ayran. Ali Güngörmüs ist stolz auf seine Herkunft. "Vergiss nie, wo du herkommst", daran versucht sich der erfolgreiche Koch stets zu erinnern.

Wie kam Ali Güngörmüs zum Kochen?

1986 holte der Vater, zu jener Zeit Gastarbeiter in München, die Familie Güngörmüs aus dem ostanatolischen Heimatdorf nach Deutschland. Nach seinem Hauptschulabschluss bekannte sich Ali Güngörmüs zum Berufswunsch Koch und entschied sich für eine Lehre in einem soliden, gutbürgerlichen Gasthof bei München. Die Eltern hätten ihren Sohn lieber als Maler oder Automechaniker gesehen, unterstützten seinen Traum aber dennoch. “Hauptsache, es macht dir Spaß”, habe es geheißen. Und wie: Ali Güngörmüs’ Leidenschaft fürs Kochen war entfacht und schnell setzte er sich große Ziele. Mit 25 wollte er Küchenchef sein, mit 30 sein eigenes Restaurant eröffnen. Gesagt, getan – sogar eher als gedacht! 

Mit gerade einmal 19 Jahren landete der ehrgeizige Jungkoch bei Karl Ederer im Sterne-Restaurant Glockenbach, ein Jahr später im Tantris, damals die Nummer eins in München. Ab 2001 machte sich Ali Güngörmüs als Küchenchef in der Münchner Gastroszene einen Namen, erst im Ederer, dann im Lenbach. Nur vier Jahre später übernahm er das Le Canard Nouveau in Hamburg und von da an ging es steil bergauf. 2006 erkochte Ali Güngörmüs den ersten Stern, es folgten zahlreiche TV-Auftritte und Buchveröffentlichungen. 

In welchem Restaurant kocht Ali Güngörmüs heute?

Doch der Erfolg hatte seinen Preis und er erkrankte an einem Burnout. Ali Güngörmüs war gezwungen, sein Leben auf der Überholspur zu überdenken und es Stück für Stück zu ändern. 

2014 packte ihn das Heimweh. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung verrät er: "Die Vertrautheit, wenn die Mama anruft und sagt: Ich hab Zitronenhuhn gekocht, und dann versammeln sich alle bei ihr um den Tisch – diese Vertrautheit ist durch nichts zu ersetzen." Und so eröffnete Ali Güngörmüs in den Münchner Fünf Höfen sein zweites Restaurant Pageou, wo er bis heute kocht. Das Le Canard Nouveau verließ er 2016 endgültig. Dafür kam 2022 das Lokal Pera Meze im Gärtnerplatzviertel in München dazu. Pera ist der alte Name von Beyoglu, Ali Güngörmüs’ Lieblingsviertel in Istanbul. 

In beiden Häusern serviert Ali Güngörmüs levantinische Spezialitäten. Im Pageou zum Beispiel: Loup de Mer mit Kaisergranat, Bisque, Fenchel, Blutorange und Estragon oder Falafel mit Dill-Minze-Jogurt, geschmorter Paprika, Chicorée, Zitrone und Granatapfel. Im Pera Meze gibt es unter anderem Mama's Köfte, Pide und Oktopus mit Kirschtomaten.

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"Mein schönstes Privileg als Koch ist, dass ich mit frischen Lebensmitteln kochen darf", sagt Ali Güngörmüs gegenüber dem Hessischen Rundfunk. Da spricht wieder die Demut aus ihm, die den heutigen Starkoch seit Kindertagen begleitet. Ausdrücke wie "Gourmettempel" sind Ali Güngörmüs übrigens gar nicht so lieb. Niemand soll Hemmungen haben, seine Restaurants zu besuchen. "Jeder Gast ist bei mir gleich."

Ist Ali Güngörmüs Veganer?

Den respektvollen Umgang mit tierischen Produkten hat Ali Güngörmüs schon von klein auf mitbekommen. Fleisch und Fisch gehören für ihn zu einer vollwertigen Ernährung dazu. Seine Familie besaß in der ostanatolischen Heimat ein paar Schafe, Ziegen und Hühner. Aus der Milch machte die Mutter Butter und Käse. Geschlachtet wurde auf dem eigenen Hof, aber nur, wenn Vater Güngörmüs in den Ferien zu Besuch kam oder an den Festtagen. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung sagt Spitzenkoch Ali Güngörmüs: "Fleisch war Luxus, ich esse es bis heute nicht oft. Nachhaltigkeit, das neue Modewort – das haben wir damals gelebt."

Dass Ali Güngörmüs der fleischlosen Küche grundsätzlich aber nicht abgeneigt ist, zeigt sein neuestes Kochbuch. In Meze vegetarisch: kombinieren, teilen, genießen teilt der Spitzenkoch über 90 Rezepte, vom selbst gebackenen Fladenbrot über Aufstriche und Dips, gefüllten Teigtaschen und Desserts.

Pageou
H K N R Q F V

Konzept: Stilvolles City-Restaurant auf der Rückseite der Fünf Höfe. Zwei Menüs, eines vegetarisch.
Küche: Ali Güngörmüs ist in zwei Kulturen zu Hause – und das schmeckt man. Klassisch-französisch ausgebildet, ist seine Küche vom Mittelmeerraum sowie orientalischen Aromen und Gewürzen geprägt. Ihre besten Momente liefert die Levante, etwa wenn Loup de Mer mit Schwarzwurzel und würziger türkischer Suçuk-Wurst serviert wird oder Vadouvan-Joghurt zur geschmorten Aubergine mit Avocado und gebackener Mango aromatisch Spannung auf den Teller bringt. Besonders beliebt bei den Gästen ist die bunte Mezze-Tafel als Vorspeise, mit vielen kleinen Tellerchen, vom gegrillten Oktopus über Kichererbsen-Auberginen-Ragout bis zu „Mamas Köfte“.
Wein: Gut sortierte Karte (rund 300 Positionen) mit allen wichtigen europäischen Anbauregionen.
Atmosphäre: Im großzügigen, lichten und hohen Raum mit den weiß gedeckten Tischen und geschickt platzierten Lichteffekten herrscht immer gute Stimmung – vor allem, wenn der Chef mitserviert.
Fazit: Entspannter Genuss, hoher Wohlfühlfaktor.

Kardinal-Faulhaber Str. 10, 80333 München
+49 (0) 89 24231310
www.pageou.de
Di-Sa 18-1 Uhr
Menüs € 99 - 159

Die FEINSCHMECKER-Bewertungskriterien

In jeder Hinsicht perfekt
Küche und Service herausragend, Ambiente und Komfort außergewöhnlich
Exzellente Küche, sehr guter Service, Komfort und Ambiente bemerkenswert
Sehr gute Küche, guter Service, angenehmes Ambiente, komfortabel
Gute Küche, ansprechendes Ambiente
Solide Küche, sympathisches Lokal
Bewertung ausgesetzt

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