Mauro Uliassi im Porträt | DER FEINSCHMECKER

Mauro Uliassi: Italiens Vorzeigekoch im Porträt

Mauro Uliassi gehört zu den besten Köchen Italiens. Sein Restaurant Uliassi steht direkt am Strand des Adria-Städtchens Senigallia in den Marken. Neugierige sollten das Menü „Lab“ bestellen, es versammelt jährlich die neuesten Ideen aus der Küche. Extravagant!
Datum12.07.2022

Mauro Uliassi: Was ist sein Menu Lab?

„Menu Lab“ nennt Mauro Uliassi sein jährlich wechselndes 10-Gänge-Menü aus seinem „Labor“ im Restaurant Uliassi. Dafür wird wochenlang mit lokalen Zutaten Neues ausprobiert, „um das noch Unentdeckte im Bekannten aufzuspüren“, wie er sagt, „und um prägnante Geschmacksakzente zu setzen, die sich durch das ganze Menü ziehen.“

Zum Beispiel Bitternoten aus der Bergamotte, der Zichorie, dem Meeräschenrogen oder gegrillten Oliven. Es sind nicht die ängstlichen Esser, die sich auf diese aufregende „Lab“-Reise wagen, für die gibt es ein Klassiker-Menü und eine À-la-carte-Auswahl. Aber wer auf den Zug aufspringt, gewinnt ganz neue Erfahrungen: Da wäre „Das Innere des Meeres“, ein weich-warmes, intensiv nach Meer schmeckendes und zu löffelndes Gericht aus Fischinnereien:

  • Kutteln vom Klippfisch,
  • Herz des Steinbutts
  • und Leber des Tintenfisches.
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„Ich verlange von den Fischern, dass sie mir alles mitbringen, auch die Innereien ihres Fangs, die sonst über Bord gehen würden“, sagt Chef Mauro Uliassi, der morgens an seiner Küchentür die pescatori (Fischer) der Adria begrüßt. Da wäre aber auch die Niere vom Schaf, von einer Seite gebraten, von der anderen roh – an sich schon ein starkes Stück an Geschmack und dazu noch kraftvoll begleitet von eingekochter Orange mit Schale, Zimtöl und Trockenfrüchten. „Eigentlich ein Renaissance-Gericht“, erklärt Mauro Uliassi, „weil es an die Art zu würzen jener Zeit erinnert.“

Steckbrief Mauro Uliassis

Name: Mauro Uliassi 

Alter: geboren 1958

Heimat: Senigallia, 20 Kilometer nördlich von Ancona in den Marken, an der Adria gelegen. Hier verbringt Mauro Uliassi die längste Zeit seines Lebens: als Kind, als Lehrling, später als junger Koch – der Job führt ihn vorübergehend aber auch in verschiedene Regionen Italiens – und als Lehrer an die Hotelfachschule von Senigallia. 1986 eröffnet er hier eine Pizzeria, auf die er bald keine Lust mehr hat. Er will es jetzt wissen und startet 1990 mit seiner Schwester Catia an der Strandpromenade das „Uliassi“ in einer ehemaligen Strandbar. Von Anfang an ist seine Küche tief in der Region verwurzelt, sie vermählt bäuerliche Traditionen mit denen der Adriafischer – über die Jahre auf immer höherem Niveau, bis hin zum dritten Stern in 2018.

Das Restaurant: Mit dem wachsenden Erfolg wird das „Uliassi“ (50 Plätze) auf eine lässige Art elegant – italienische Designer-Möbel vor weißen Vertäfelungen, große Fenster, eine weiße Veranda mit weiß eingedeckten Tischen, der Blick schweift über einen unmöblierten Strandabschnitt, dahinter die Adria mit weißen Segelbötchen vor weitem blauem Horizont.

In der Küche: Bis zu 20 Köche. Mit sieben seiner Besten zieht sich der Chef immer vor Ostern 40 Tage lang zum Experimentieren zurück. Daraus entsteht das „Lab“-Menü des Jahres.

Der Service: Mauros Schwester Catia hat von ihrem Empfangstisch alles im Blick und dirigiert die freundlichen jungen Bedienungen. Weinkarte mit Schwerpunkt Italien. Reservierungen müssen online vorgenommen werden.

Ristorante Uliassi
Direkt an der Strandpromenade!
Banchina di Levante 6
IT-60019 Senigallia (AN)
Tel. 0039-07 16 54 63
www.uliassi.com
Mi-So mittags und abends geöffnet, Menüs € 200-230

Von links nach rechts:

Auster im Salzbett, bekommt Würze vom Fett einer frischen Salami
Schwarze Minestrone, mit Tinte vom Pulpo, Herzmuscheln und Tamarinde
Ossobuco Marinara aus Stockfischkutteln, Mark vom Kalbsknochen und Vongole-Sud

Was ist das Besondere an Mauro Uliassis Küche?

„Die Cucina Mare Monti ist keine Erfindung eines Avantgarde-Kochs“, sagt Mauro Uliassi. Sie sei vielmehr aus dem entstanden, was die Küstenbewohner hier schon immer vorfanden: einerseits Oliven, Kräuter, Gemüse, Obst und Hühner im Garten und drum herum Weiden für das Vieh, andererseits das Meer, direkt angrenzend. Das kann jeder sehen, der heute die Autostrada A 14 entlangbraust.

An ihrer Stelle gab es einst im Mündungsgebiet des Flusses Misa sumpfiges Gelände, wo die Bauern, die zugleich Fischer waren, Schnecken, Aale und Frösche fingen. Der Erfindungsreichtum gerade der armen Bevölkerung hat die italienische Küche zu dem gemacht, was sie heute ist: Aus wenig etwas Großartiges zaubern, damit erlangte sie Weltruhm.

So hat man hier früher beispielsweise aus Sardinen und Milch eine Art Käse gekocht, das Ganze hart werden lassen und dann wie Parmesan über die Pasta gerieben – aus den gleichen Zutaten entstand auch eine Gewürzbutter. Beides bei Mauro Uliassi nachzuschmecken in der Pasta mit Timut-Pfeffer. Und eine simple rote Paprikaschote vom Holzkohlengrill ist saftig, süß, rauchig und vom Mundgefühl her fast wie Fleisch: köstlich. Reich – und bescheiden.

Wie kam Mauro Uliassi zum Kochen?

Dieser Küchenchef, der heute Austern mit dem Fett einer frischen lokalen Salami zartfühlend aromatisiert und Ossobuco-Markknochen in Vongole-Brühe gart, um daraus mit Zitrone und Petersilie die gelatinöse Sauce zu Stockfisch-Kutteln zuzubereiten, muss doch ein gastronomisches Gen haben? „Auf jeden Fall!“, auch wenn Mauro Uliassi selbst sich als Spätzünder bezeichnet.

Liegt das Kochen in Uliassis Genen?

Seine Großeltern mütterlicherseits hatten eine beliebte Osteria in Senigallia. Das Lokal von nonna und nonno war bis weit in die Nachkriegszeit berühmt – ein Ort, an dem besonders viele Lastwagen vor der Tür parkten, weil die Fahrer das gute Essen dort schätzten. Lkws waren damals ein neuer Wirtschaftszweig, sie fuhren landauf, landab den ganzen Tag Ware durch die Gegend, Zitronen in den Norden, Autoersatzteile in den Süden, die Fahrer kannten alle guten Lokale an ihren Routen.

Schon als Foodie auf die Welt gekommen, Mauro?

​„Eher nicht, ich war sehr zum Kummer der mamma ein dürres Bengelchen. Heute ist mir klar, dass sich mit der Pubertät, also mit der sexuellen Neugier, auch der Geschmack entwickelt und die Lust auf gutes Essen wächst“, sagt Mauro Uliassi und muss laut lachen.

Mauro Uliassi und sein Team im Restaurant Uliassi

Wie wurde Mauro Uliassi zum Koch?

Mit 17 will Mauro Uliassi nach Neapel. Und wird dennoch Koch? Der Vater zieht ihm die Ohren lang, von wegen Nepal! Mauro versucht sich an einer technisch ausgerichteten Oberschule: Uninspirierend, um ihn herum nur Jungs, keine einzige ragazza. Also Schulabbruch, Jobs als Barmann in den Discos und Strandbars mit herrlich unkontrollierbaren Arbeitszeiten – und die erste finanzielle Unabhängigkeit von zu Hause.

Wieder greift der Vater ein und überzeugt ihn, die Hotelfachschule in Senigallia zu besuchen. Dann der Ernst des Lebens: Seine ersten Anstellungen als junger Koch aber waren ernüchternd: 16 Stunden Arbeit am Tag! Mauro Uliassi will hinschmeißen. Da offeriert ihm sein Chef eines späten Abends nach dem Service ein Glas Dom Pérignon und provoziert den müden Jungkoch mit der Frage: „Bist du ein Backstein von der Sorte mit Löchern drin? Oder ein richtig schöner kompakter mattone?“

Das hat gesessen. Mauro Uliassi beschließt, durchzuhalten. Er kehrt an die Hotelfachschule zurück, wo er ein „ordentliches Diplom“ macht und mit 22 Lehrer wird: Professore Uliassi, mit 3000 Lire im Monat! Aber auch eine Schönheit namens Chantal galt es ja zu beeindrucken ...

Mauro Uliassi: Dreisternekoch aus Liebe

Wer ist Chantal? „Ein wunderschönes Mädchen, ich war schockverliebt. Zu ihrem Geburtstag habe ich für sie und ihre 20 Freunde gekocht. Mein Vorbild war der Film ‚Babettes Fest‘. Diese Leidenschaft, dieser enorme Aufwand, ich habe mich richtig ins Zeug gelegt. Ich wollte Chantal gefallen. Heute weiß ich: Du kochst besonders gut, wenn du verliebt bist!“

Mauro Uliassi war stolz auf sich. Und er erkannte zum ersten Mal, wie viel Macht und Befriedigung es einem gibt, Menschen mit sehr gutem Essen glücklich zu machen. Man ahnt es schon: Chantal wurde Mauros Ehefrau und Mauro über die Jahrzehnte schließlich einer von Italiens Allerbesten am Herd, der heute immer noch staunt und sagt: „2000 gab’s den ersten Michelin-Stern, 2009 den zweiten. Unfassbar: 2018, mit ergrauten 60 Jahren, habe ich dann auch noch den dritten bekommen, das war toll! In dem Alter ist man ja eigentlich schon längst beim alten Eisen in diesem Beruf.“

Durch die offenen Fenster im Uliassi hört man sommerlich sanfte Wellen an den Strand schwappen. Die Stimmung: ein bisschen Strandhaus in den Hamptons, ein bisschen Südeuropa. Als wäre das alles ein Hopper-Gemälde. Aber ein Bild ohne abgründige Unterströmungen, sondern durch und durch heiter.

Tipps von Mauro Uliassi in Senigallia

Vino e Cibo 

Via Fagnani 16
IT-60019 Senigallia
Tel. 0039-07 16 32 06
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Mauro Uliassi liebt Fisch und Meeresfrüchte, in dieser Trattoria bekommt er Thunfisch mit Mandeln und knuspriger Schweinebacke oder Tortellacci, gefüllt mit Seezunge, Blumenkohl und Pistazien.

Sepia by Niko

Piazza del Duca 11
IT-60019 Senigallia
Tel. 0039-338 448 56 82
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Der Betreiber dieses kleinen Restaurants entstammt einer Familie von Fischern und weiß, was er tut: Fisch und Meeresfrüchte, elegant und fantasievoll zubereitet.

Gelateria Brunelli 

Via Giosuè Carducci 7
IT-Senigallia
Tel. 0039-07 16 04 22
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Statt Dessert: auf zu Paolo Brunellis Eisdiele, eine der allerbesten Italiens – Top-Biozutaten etwa für Schoko mit kandierter Orange, Sahneeis mit Erdnüssen und Salzkaramell.

Zu Gast bei Mauro Uliassi

Uliassi
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Mauro Uliassi gehört zu den besten Köchen Italiens. Sein Restaurant steht direkt am Adria-Strand in den Marken. Das Menü „Lab“ versammelt die neuesten Ideen aus der Küche. Extravagant!

Banchina di Levante 6, 60019 Senigallia, IT
+39 (0) 71 65463
www.uliassi.com
Mi-So mittags und abends geöffnet
Menüs € 200 - 230

Die FEINSCHMECKER-Bewertungskriterien

In jeder Hinsicht perfekt
Küche und Service herausragend, Ambiente und Komfort außergewöhnlich
Exzellente Küche, sehr guter Service, Komfort und Ambiente bemerkenswert
Sehr gute Küche, guter Service, angenehmes Ambiente, komfortabel
Gute Küche, ansprechendes Ambiente
Solide Küche, sympathisches Lokal
Bewertung ausgesetzt
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