Philip Chronopoulos: Die griechische Seele
Steckbrief Philip Chronopoulos
Name: Philip Chronopoulos
Alter: geboren 1985
Stationen: Mit 18 Jahren begann der Athener die Ausbildung am Institut Paul Bocuse in Lyon (ohne ein Wort französisch zu sprechen), danach arbeitete er im "Atelier Joël Robuchon" in London und im Restaurant "L‘Arpège" bei Alain Passard (Paris) (von DER FEINSCHMECKER mit 5F ausgezeichnet). Seit 2015 ist er Küchenchef im Pariser Palais Royal Restaurant.
Restaurant: Im Herzen von Paris, nah am Louvre, beherbergt das Palais Royal das Kulturministerium sowie den Staats- und Verfassungsrat. Das Restaurant mit 30 Plätzen zeichnet sich durch gediegene klassische Eleganz aus, es dominieren die Farben Gold und Schwarz.
DER FEINSCHMECKER zeichnet das Palais Royal mit 3,5F aus. Die detaillierte Restaurant-Bewertung finden Sie am Ende dieses Artikels.
Mitarbeiter: Chronopoulos dirigiert eine Brigade von zehn Köchen; Restaurantleiter Ahmad Houmani, der bei Alain Ducasse gelernt hat, führt ein achtköpfiges Serviceteam.
Lieblingsweine: Die von Burgund dominierte Weinkarte lockert der Chef mit Entdeckungen aus seiner griechischen Heimat auf.
Privat: Philip Chronopoulos hat zwei Kinder. Weil sie erst sieben und zwei Jahre alt sind, hat er sich Ruhetage am Wochenende gewünscht – und bekommen. So bleibt Zeit für die
Familie und seine Hobbys: Skateboard fahren an der Place de la République und Snowboarden in den Savoier Alpen.
Palais Royal Restaurant
110, Galerie de Valois, 75001 Paris
Tel. 0033-140 20 00 27
www.palaisroyalrestaurant.com
Mo-Fr mittags und abends geöffnet, Menü € 110-285
Schick, schicker, Palais Royal! Nobler könnte der Rahmen für einen gastronomischen Betrieb kaum sein als der einstige Stadtpalast der Königsfamilie, der heute den Staats-und Verfassungsrat und das Kulturministerium beherbergt. Hier, im "Palais Royal Restaurant" kocht seit 2015 Philip Chronopoulos – und vertraut inzwischen auf seine ganz eigene Handschrift. Damit sorgt der Grieche für Wirbel in der Stadt, überrascht und beglückt seine Gäste gleichermaßen.
Wie hat die Pandemie Philip Chronopoulos verändert?
Chronopoulos kochte einst französischer als die großen Franzosen, seine Handschrift war jene eines jungen Robuchon: klassisch, ambitioniert – wie beim goldenen Ei mit schwarzer Trüffel. Und doch, so sagt er heute, habe er sich als Grieche in Paris irgendwie gehemmt gefühlt, so, als würde er nicht alles abrufen, was in ihm steckt. Dann kam Corona. Und veränderte alles. Die Stadt, die Gäste und den Koch. Plötzlich war Paris leer, die Touristen waren weg, und es gab viel Zeit, um nachzudenken. "Ich habe auf einmal Griechenland so sehr vermisst", sagt Chronopoulos, "ich wurde sentimental." Doch statt aufzugeben oder zurückzukehren, dachte er über die Gerichte seiner Kindheit nach, über die Fische und Gemüse, die er früher auf dem Athener Zentralmarkt erstanden hatte. Er überlegte, wie er französisches Know-how mit hellenischer Qualität verbinden könnte. Wie würden die Mezze, die traditionellen Vorspeisen in der Levante, in einem Gourmetrestaurant aussehen? Fortan war jedes neue Rezept, das er entwarf, auch und vor allem ein griechisches. "Ich liebe es, wenn die Gäste schmecken können, woher ich stamme", sagt Chronopoulos. "Dadurch bin ich authentischer, weil nun in jedem Gericht auch eine Spur meines Lebens steckt."
Woher bezieht Philip Chronopoulos seine Zutaten?
Er wird wieder sentimental, weil er an die Heimat denkt. "In Griechenland, da sind die Gurken und Tomaten nicht schön, sie sind ganz krumm oder haben hässliche Stellen – aber der Geschmack ist umwerfend! Hier können Sie alle Gemüse auf den Laufsteg schicken, so perfekt sind die – aber sie schmecken nach nichts." Für jede Gemüsesorte hat sich Chronopoulos den perfekten Lieferanten gesucht, oft habe er monatelang herumfahren müssen, schauen, probieren. "Sehr guten Fisch, das geht schon, dank dem Großmarkt Rungis, auch Fleisch und Meeresfrüchte, aber ganz schwer wird es beim Gemüse." Deshalb hätten die großen Sterneköche längst eigene Gärten, sogar hier in der Hauptstadt oder sonst am Rande in den Dörfern ringsum. "Was ich in meiner Zeit bei Alain Passard an Gemüse verwenden durfte, die allesamt aus seinem Garten stammten, das war fabelhaft."
Wie kochte Philip Chronopoulos?
Sein großes Menü nennt Chronopoulos "Von Athen nach Paris". Er erzählt damit die Reise, die sein Leben ist. Um die Richtung anzuzeigen, steht auf jedem Tisch ein Schälchen mit frischem Oregano – zum Aromatisieren des Öls, das zum Brot gereicht wird. Dann folgt seine Version der Mezze, sie zeigt, in welch feinen Zusammenhängen dieser Koch denkt: Da ist ein Soufflé mit Eigelb und reifen Tomaten, ein Salat mit Feta-Eis und Roter Bete, ein Törtchen mit Spinat und geriebenem Feta. Klingt klassisch, sieht aber verspielt aus und schmeckt auch so – auf eine zutiefst fröhlich-positive Art. Viele griechische Produkte sind Umami-Wunder, die grünen Gemüse, der Käse, das tiefgrüne Öl – Chronopoulos kann also aus dem Vollen schöpfen, um leicht, modern und aromenstark zu kochen. Beim Langostino mit Basilikum-Gnocchi und Zucchini ist das Gemüse der Meeresfrucht absolut ebenbürtig, man schmeckt, dass sich die Lieferantensuche gelohnt hat. Die Zusammenstellungen klingen nicht ungewöhnlich, aber die Kraft, die der Grieche hineinkocht, macht die Gerichte spektakulär. Chronopoulos setzt viel auf die Farbe Grün, ob bei Saucen oder Sorbets, er arbeitet reichlich mit Kräutern wie Melisse, Minze und Oregano. Es ist eine leichte Küche, weit weg von der Schwere der Franzosen, mit intensiven Aromen der Natur – und der handwerklichen Perfektion eines großen Kochs. In der Küche stehen vier Griechen, ein Argentinier, ein Mann aus Singapur. Lediglich ein Franzose werkelt hier: der Patissier Alexandre Barré Paoli, der – getreu dem Stil seines Küchenchefs – eine zutiefst französische Millefeuille mit der Leichtigkeit der Gariguette-Erdbeere und Holunder versieht.
Philip Chronopoulos serviert mediterrane Köstlichkeiten in seinem Restaurant Palais Royal in Paris.
Wie ist das Ambiente im Palais Royal?
Lage, Lage, Lage, das gilt in Paris so sehr wie nirgendwo sonst. Und hier, gerade mal zweihundert Meter vom Louvre entfernt, ist und isst man wirklich im Herzen der Stadt. Der Speiseraum, von dem man hinaus auf die Arkadengänge des Palais Royal blickt, hat nicht mehr als 30 Plätze. Mitten in der Großzügigkeit des alten Stadtpalasts ist so eine intime Atmosphäre möglich, und die ist gewollt. Schließlich treffen sich hier Politiker und Lobbyisten, die vertraulich miteinander reden wollen – als Zeichen der Diskretion schmücken weiße Rosen die Tische. Der Palais Royal ist eine besondere Immobilie: Jeder Stein, der hier bewegt wird, ruft den strengen Pariser Denkmalschutz auf den Plan. Die Decken des Restaurants sind flach, die Wände schwarz-weiß gestrichen. Korbstühle bestimmen das Ambiente, auf den Tischen liegt silbernes Christofle-Besteck. Man kann das bieder finden, aber der legere Service unter Ahmad Houmani, der bei Alain Ducasse gelernt hat, gleicht das locker wieder aus.
Wie werden die Gerichte begleitet?
Die mediterrane Leichtigkeit findet ihren Widerhall auf der Weinkarte. Den Schwerpunkt legt Chef-Sommelier Raphaël Cohen auf das Burgund, weil die changierende Fruchtigkeit der Weine besser zu den Gerichten passt als die schwere Holzigkeit des Bordelais. Es gibt eine riesige Champagner-Auswahl mit erlesenen Raritäten. Und schließlich finden sich noch Weine wie die satten Roten des biodynamisch arbeitenden Winzers Vladis Sclavos oder des Topguts Gaia Estate auf der Karte. Denn auch beim Wein richtet Philip Chronopoulos seinen Blick immer wieder gen Heimat.
Tipps von Philip Chronopoulos
Filakia
9, Rue Mandar, 75002 Paris
Tel. 0033-01 42 21 42 88
filakia.fr
Mo-So mittags und abends geöffnet, Gerichte € 5-16
„Am Wochenende gehe ich mit den Kindern in den Imbiss meiner Frau, es ist ein Ritual. Hier essen wir Souvlaki und Gyros und träumen von den Stränden auf dem Peloponnes.“
Terroir D'Avenir
8, Rue du Nil, 75002 Paris
terroirs-avenir.fr
Di-Fr 8-20 Uhr, Sa 8-19.30 Uhr, So 8-13.30 Uhr
„Es gibt keine besseren Produkte als in den kleinen Läden, die gemeinsam einen Bauernmarkt mitten in der Stadt bilden. Fisch, Fleisch, Milchprodukte und ein Bäcker – hier bleibt Paris ein Dorf.“
Izraël
30, Rue François Miron, 75004 Paris
Di-Sa 10-13 und 14-18.30 Uhr
„Der beste Gewürzladen Frankreichs. Wenn ich irgendein seltenes Produkt lange vergeblich suche – hier finde ich es.“
Zu Gast bei Philip Chronopoulos
Der Athener Philip Chronopoulos hat bei den großen Franzosen Bocuse, Robuchon und Passard gelernt. Er kocht seit Jahren im ehrwürdigen, noblen Palais Royal in Paris. Doch seit der Pandemie besinnt er sich auf seine griechischen Wurzeln und begeistert mit mediterranen Gerichten, etwa Milchkalb mit Pflaume, Zwiebel und Senf oder Hummer mit Mais, Blumenkohl und Zitronengras. Die Weine entsprechen der Leichtigkeit der Küche, der Fokus liegt auf dem Burgund und Champagner.