Dalad Kambhu: Wonder Woman im Porträt
Steckbrief Dalad Kambhu
Die derzeit angesagteste Köchin Berlins will kein Boss sein. „Mein Führungsstil ist eher non-patriarchal und flach“, erzählt sie. „Ich verlange nicht, dass die Leute zu mir sagen: ‚Jawohl, Chef‘.“ Dabei hat Dalad Kambhu allen Grund, selbstbewusst zu sein. Nur zwei Jahre, nachdem sie 2017 das „Kin Dee“ im Stadtteil Tiergarten eröffnete, erhielt es einen Michelin-Stern – es ist das erste asiatische Restaurant in Deutschland, das diese Auszeichnung trägt. Unprätentiös ist auch der Ort, an dem Kambhu ihre thailändischen Menüs serviert. Eine Handvoll Tische, Lederbänke und wenige, markante Kunstwerke schaffen die lockere und zugleich festliche Atmosphäre, die viele Gastro-Adressen der Hauptstadt auszeichnet. Doch was das Team des „Kin Dee“ serviert, hat es hier noch nicht gegeben: Thai-Küche auf Spitzenniveau, und das größtenteils mit Zutaten aus dem Berliner Umland!
Regionales Thaifood, wie passt das zusammen?
Kaum zu glauben, aber wahr: Die Schoten für die die herrlich sämige und mild-scharfe Chilipaste, in die wir das frittierte Gemüse tunken, wurden in Brandenburg geerntet, von einem kleinen Gemüse- und Schafbetrieb, der sich auch mit der Entdeckung alter Tomatensorten beschäftigt. Die „gelbe Tigertomate“, die in einer Marinade aus grünem Chili serviert wird, schmeckt so fleischig-süß, als wäre sie am Vesuv gereift. Das Tofu stammt von einem Kreuzberger Start-up, das Fleisch vom Hipster-Metzger "Kumpel & Keule". Nur zehn Prozent der Zutaten, etwa das Zitronengras, werden aus Asien importiert. Und Dalad Kambhu kocht unorthodox, ersetzt schon mal Papaya durch Kohlrabi. Ihr regionaler Ansatz ist durchaus politisch gemeint: „Ich möchte mit dem ‚Kin Dee‘ ein Teil der Lösung sein, wenn es um Nachhaltigkeit geht.“ Zutaten umweltschädlich um den Globus zu transportieren, nennt sie „Schwachsinn“.
Darf man im Kin Dee mit den Händen essen?
Man wird sogar dazu animiert! Das geht schon mit den Cashews los, die mit Chili gewürzt sind, aber doch sehr mild schmecken. Der angenehm pragmatische Service fordert uns auf, auch den Fisch ruhig mit den Fingern zu zerzupfen, dann sei es leichter. Und wer am Ende den Teller ablecken will – die Chilipaste ist einfach herrlich! –, darf das gern tun. Stäbchen sucht man hier übrigens vergebens. In Thailand ist der Löffel das wichtigste Besteck für alles, was die Hände nicht greifen können. Am besten legt man jeweils Reis, Fleisch, Gemüse und Sauce darauf und genießt das zusammen im Mund.
Dalad Kambhu serviert in ihrem Berliner Restaurant Kin Dee Gerichte mit Ideen aus Europa und Asien
Wie kocht Dalad Kambhu?
Die Gastgeberin erzählt, dass sie im „Kin Dee“ Gerichte ihrer Heimat und Jugend serviert. Da schwingt etwas Understatement mit, denn Kreationen wie das Ceviche vom Zander mit Fenchel oder die in Bierteig frittierten Bohnen mit Stachelbeeren und Chilipaste verbinden nicht nur fernöstliche und europäische Zutaten, sondern auch traditionelle Gerichte und aktuelle Trends. Das schmeckt frisch und oft charmant-explosiv, wie das Spinatblatt, in dem Splitter von Cashew, Limette, Chili und Ingwer eingewickelt werden – von Hand, versteht sich. Die Vorspeise aus gekochten Zuckererbsen mit Kokosnuss, Peperoni und Dill hat eine zarte, so noch nie erlebte Geschmacksnote, an die wir noch Wochen später denken. Und der Fischsud, auf dem die Schwertmuscheln mit Pfefferbeeren serviert werden, weckt schon in der Nase Fernweh. Kurzum: Wer mit Thai-Küche bisher nur Hähnchencurry und Pad Thai verbindet, kann in Berlin-Tiergarten sein buntes Wunder erleben.
Wie kam Dalad Kambhu vom Big Apple nach Berlin?
Aufgewachsen in Bangkok, studierte Dalad Kambhu in New York und arbeitete hart, um sich die Stadt leisten zu können: als Model, aber auch in einem angesagten Art-déco-Restaurant. Geprägt von der Kochleidenschaft ihrer Mutter, wollte Dalad in der Küche arbeiten, durfte aber mangels Ausbildung nur an den Empfang. So beschloss sie, sich durch viele Restaurantbesuche selbst auszubilden – „Learning by eating“ sozusagen. Bei Dinner-Einladungen für Freunde probierte sie sich praktisch aus. In New York traf die Autodidaktin den Künstler Tiravanija, der ihr Mentor wurde und sie nach Berlin brachte. Er vernetzte sie mit den Machern des legendären "Grill Royal". Die Chefs des Nobelrestaurants glaubten an sie: Dalad Kambhu durfte sich in einem Thai-Pop-up-Restaurant ausprobieren. Und das Berliner Publikum schien nur auf sie gewartet zu haben. Bald folgte der eigene Laden: Das „Kin Dee“, thailändisch für „gut essen“, öffnete 2017.
Wie ist Dalad Kombhus ist ihre Mission
Kambhu ist stets auf Reisen, sucht nach kulinarischer Inspiration. Für sie ist Essen mit gesellschaftlicher Bedeutung aufgeladen: Gutes Essen – ob europäisch oder asiatisch – muss einen angemessenen Preis haben. Wir alle stehen dafür in Verantwortung, „Wir müssen nicht jeden Tag essen gehen, dafür aber besser.“
Dalad Kombhu sorgt in ihrem Kin Dee für kulinarische Erlebnisse
Berlin-Tipps von Dalad Kambhu
Lode & Stijn
OT Kreuzberg
Mi-Sa abends geöffnet
lode-stijn.de
Fantastische Produkte, köstliches Essen, wunderbar und ehrlich!“
Café Frieda
OT Prenzlauer Berg
Lychener Str. 37
Mi-Sa 10-24 Uhr, So 10-19 Uhr geöffnet
cafefrieda.de
„Naturweine, fancy Musik und hausgemachtes Sauerteigbrot.“
Mrs Robinson
OT Prenzlauer Berg
Pappelallee 29
Mi-So abends geöffnet
mrsrobinsons.de
„Schwester-Restaurant des ‚Café Frieda‘, Einflüsse asiatischer, amerikanischer und europäischer Küche.“