Leon Hofmockel: Kölsche Klasse

Das erwartet Sie hier:
Ein Mann im dunklen Parka stemmt sich von außen gegen die Eingangstür des „La So ciété“. Beharrlich schiebt er die dunkelgrüne Tür auf, die so behäbig ist, als lägen Sandsäcke dahin ter. Er lässt sich nicht beirren, denn ihm und seiner Begleitung geht es wie vielen, die in Köln genießen möchten: Sie wollen hier rein. „Ganz schön schwer, die Tür“, sagt Sommelier Maximilian Altermann, der auf den letzten Zentimetern zu Hilfe eilt und das Paar zum Tisch führt. Es ist Donnerstag, das Restaurant ist voll, die Küche von Leon Hofmockel begeistert ein bunt gemischtes Publikum und passt per fekt zu Köln: Sie ist weltoffen, undogma tisch und macht Freude.
Wie fand Leon Hofmockel den Weg in die Spitzenküche?
Leon Hofmockel wusste schon früh, dass er kochen wollte. „Ich habe nie verstan den, warum ich zum Beispiel Schildkrö tenknochen auswendig lernen sollte“, sagt Leon Hofmockel, „deshalb hatte ich ir gendwann keine Lust mehr auf Schule.“

Sein erstes Küchenpraktikum absolvierte er in seiner Heimatstadt Augsburg, für das zweite opferte er zwei Wochen seiner Schulferien. „Spätestens da wussten mei ne Eltern, dass ich es ernst meine“, erin nert er sich. Mit 15 setzte er sich in den Zug, wohnte außerhalb von Wolfsburg und pendelte jeden Morgen zu einem der besten Restaurants Deutschlands – Sven Elverfelds „Aqua“. Zu seiner Enttäu schung hieß es zunächst, er könne in der Kürze der Zeit nur in der Bankettküche arbeiten. Doch sein Talent und seine Mo tivation fielen auf, sodass er doch in die Küche des Spitzenrestaurants durfte. Dort wurde ihm sofort vor Augen geführt, was das bedeutet. „Ich habe den ganzen Tag Linsen geschält und direkt einen Spruch abbekommen“, erinnert sich Leon Hofmo ckel und muss lachen. „Damals ein herber Schlag, heute weiß ich, dass es nur ein flapsiger Satz unter Köchen war.“ Trotz der harten Arbeit ließ sich Leon Hofmockel nicht entmutigen, und auch hier wurde sein Talent erkannt, sodass er eine ganze Woche im „Aqua“ bleiben durfte.
Zurück in Augsburg, wusste er, dass er seine Ausbildung in einer Sterneküche machen wollte. Im Münchner „Königshof“ bei Martin Fauster hat er angefangen und lernte klassische Küche auf hohem Niveau: Kalbskopf-Terrine, Servietten- knödel oder Hummer „Thermidor“ mit besten Produkten und perfektem Hand- werk. Danach ging es zum „Söl’ring Hof“ auf Sylt, gefolgt von einer Station, die ihm trotz des Linsenschälens in guter Erinnerung geblieben ist. Sieben Jahre nach sei- nem Praktikum startete er im „Aqua“ als Commis de Cuisine.

Fine Dining im Studentenviertel – geht das?
Nach fünf Jahren in der technisierten Autostadt hatte Leon Hofmockel Lust auf eine lebendige Großstadt. Köln schien da genau das Richtige. Seit 2021 kocht er in der Rheinmetropole, in der er sich von Anfang an wohlfühlte. Mitten im Studen- tenviertel Kwartier Latäng befindet sich das Restaurant zwischen Videospielbar und kolumbianischem Deli. Auch wenn sich das „La Société“ allein durch sein Konzept von der Umgebung abhebt, ge- hört es einfach dazu. Schließlich gibt es das Restaurant schon seit mehr als 25 Jah- ren. Bevor Leon Hofmockel hier anfing, wurde es jedoch komplett renoviert. Die Gäste sitzen auf bequemen Stühlen und Bänken, die Stimmung ist ausgelassen, fast wie in einer Kölner Kneipe.
Das Licht ist gedämpft und vom Pass aus kann Leon Hofmockel seine Gäste sehen. „So bekommen wir ein Gefühl für die Atmosphäre im Gastraum und sind beim Anrichten nicht irgendwo versteckt“, sagt der 30-Jährige. Das Menü wechselt alle zwei Monate, acht Gänge werden ser- viert. Schon die Amuse-Bouches zeigen, worauf es Leon Hofmockel ankommt: unverkopfte Kochkunst. Cremiges Rauch- aaltatar kommt mit Röstzwiebel-Relish, Kohlrabi, Apfelsorbet und Kräuteröl auf den Teller – frisch, belebend, sehr gut. Zur Gelbschwanzmakrele gibt es Stücke von der Irish-Mór-Auster und eine Sauce mit Jalapeño und grünem Shiso. Ein feiner Schärfekick, der perfekt mit Fisch- und Muschelfleisch harmoniert.

Zarte Cala- mari in geräuchertem Kartoffelschaum mit Schnittlauchöl und Bauchspeck wer- den mit dem Löffel gegessen. So wie fast alle Gänge des Menüs. „Früher haben wir Messer, Gabel und Löffel eingedeckt, und meistens wurden nur Messer und Gabel benutzt“, sagt Leon Hofmockel, „aber es ist doch schade um die schöne Sauce.“
Auch für die Rote Bete im Salzteig ist ein Löffel das richtige Besteck. Zwei Tage dauert die Zubereitung, das Gemüse hat Biss und eine feine Säure von PX-Essig und Balsamico, geräucherte Mandeln ge- ben eine fast speckige Note. Das einzige Messer des Abends kommt für die Chal- lans-Ente auf den Tisch. An der Karkasse gebraten, wird sie mit einer Ingwer-Hol- landaise, einer kräftigen Jus und Mini- Spitzkohlrouladen serviert. Dazu ein klei- nes Glas Entenbrühe, abgeschmeckt mit Sichuanpfeffer, Ingwer und Peperoni – das ist Spitzenküche für die Seele.

Woher kommen die Ideen?
Die Inspiration für seine Gerichte holt sich Leon Hofmockel aus seiner Umge- bung. Die Aromen der Entenbrühe kamen ihm bei einem Besuch von seinem chine- sischen Lieblingsimbiss (siehe S. 12) in den Sinn. „Ich denke gerne über Gerichte nach und trage neue Konzepte dann wo- chenlang mit mir herum“, sagt er. Aber weil er ein Teamplayer ist, teilt er seine Ideen mit seinen Mitarbeitenden, alle Ge- richte werden gemeinsam besprochen und im Zwiegespräch mit seiner Patissière Greta Jander entstehen Desserts wie das Grapefruit-Sorbet mit Camparischaum auf Ingwerbierbasis – eine herb-kalte Er- frischung, bei der man sich fragt, warum die Portion nicht größer ist. Die Antwort gibt das letzte Dessert, das so zum Glück noch passt: Birnensorbet, Macadamianuss und kandierter Ingwer.
Feinschmecker-Bewertung
Konzept: Zeitgemäßes Fine-Dining im Kölner Univiertel, serviert wird ein Menü mit fünf bis sieben Gängen.
Küche: Die Küche von Leon Hofmockel begeistert mit klassisch-französischen Techniken und einem Fokus auf herausragende Zutaten. Cremiges Tatar kommt vom Rauchaal mit Röstzwiebel-Relish, Kohlrabi, Apfelsorbet und Kräuteröl auf den Teller – frisch, belebend, sehr gut. Zur Gelbschwanzmakrele gibt es Stücke von der Irish-Mór-Auster und eine Sauce mit Jalapeño und grünem Shiso. Ein feiner Schärfekick, der perfekt mit Fisch- und Muschelfleisch harmoniert. Zarte Calamari in geräuchertem Kartoffelschaum mit Schnittlauchöl und Bauchspeck werden mit einem Löffel gegessen.
Wein: Große Weinauswahl mit 400 Weinen, 12 gibt es glasweise.
Atmosphäre: Lebendig ist es in dem kleinen Restaurant mit halboffener Küche. Der Service ist gut gelaunt, die Plätze sind gemütlich – ein Ort zum Wohlfühlen.
Fazit: Entspannter Hochgenuss in persönlicher Atmosphäre.