Woran erkennen Sie ein hochwertiges Olivenöl? Es muss fruchtig und fehlerfrei sein, nicht aber gefällig: bitter, scharf, im Hals kratzend – alles Gütezeichen! Wer ein Gespür für Qualität entwickeln will, kommt ums Probieren nicht herum.
Das Öl am besten in ein kleines Glas füllen; die Farbe sagt nichts über die Qualität. Den Duft vergleichen: Welche Aromen lassen sich erraten? Bleibt der Geruch vage und ausdruckslos, fast neutral, wurde das Öl wohl mit Dampf behandelt, um ranzige Noten zu beseitigen. Finger weg, es hat dann nicht mehr zu bieten als raffiniertes Rapsöl. Oder riecht die Probe unsauber, müffelnd, säuerlich, vielleicht sogar nach Speck? Mit solchen Fehlnoten dürfte sie eigentlich nicht in der „Nativ-Extra“-Klasse mitspielen.
Wer ein Öl herunterschluckt und husten muss, kann sich dagegen freuen: Durch das Kratzen im Rachen, durch Schärfe und Bitternoten machen sich die Polyphenole bemerkbar, wertvolle Inhaltsstoffe frischer Oliven. Ein Olivenöl ist umso besser, je jünger es ist. Ein früh, schon im Oktober gepresstes Öl (in Italien „novello“ genannt) schmeckt aber auch besonders aggressiv – seine Schärfe verliert es erst nach etwa drei bis sechs Monaten. Nicht jeder mag bittere oder sehr scharfe Olivenöle. Die Sorten und Regionen der Oliven verraten, wie das Olivenöl ungefähr schmeckt. Faustregel: Wer Olivenöl genießen möchte, das mild und kaum bitter ist, sollte zu Ware aus Frankreich, Griechenland, Norditalien oder Nordspanien greifen.
Wer jederzeit das beste Olivenöl haben möchte, sollte sich allerdings nicht auf eine Region und einen Produzenten festlegen. Olivenöl ist ein Naturprodukt und sehr anfällig für die Launen des Wetters. Aber keine Sorge, jeder Erntejahrgang bringt ein einzigartiges Öl hervor. Wer unseren Olivenöl-Test studiert, kann sich ein Bild davon machen.
Ab etwa März ist frisch gepresstes Olivenöl im deutschen Handel erhältlich. Statt großer Kanister empfehlen wir, kleine Flaschen zu kaufen. So bleibt das Öl länger frisch, besonders wenn es möglichst dunkel und kühl gelagert wird. Aber bitte nicht in den Kühlschrank stellen - dort wird das Öl fest und verliert seine Aromen.
Um das Öl möglichst lange frisch zu halten, sollten angebrochene Flaschen schnell aufgebraucht werden, da Sauerstoff das Öl schneller altern lässt. Kräftiges, scharfes Olivenöl wie Tonda Iblea von Sizilien oder Picual aus Südspanien behält seine Qualität ein gutes Jahr lang. Mild-süßliches Öl wie Casaliva vom Gardasee verliert dagegen schon nach sechs bis acht Monaten an aromatischer Güte.
Olivenöl eignet sich sehr gut zum Kochen und Braten, da es durch seine Inhaltsstoffe (viele einfach ungesättigte Fettsäuren) bis etwa 200 Grad hitzestabil ist. Die Feinheit eines Top-Öls bleibt jedoch am besten erhalten, wenn es kalt verwendet wird.
Die vielen Möglichkeiten von Olivenöl in der Küche hat ein Hamburger Profi besonders gründlich ausgelotet: Andreas Steinwandt, Chef des Restaurants „Kleine Brunnenstraße 1“. Er probiert seit 2014 in der Öljury des FEINSCHMECKERS mit und ist jedes Mal beeindruckt von der Aromenvielfalt der Öle.
Für ihn ist Olivenöl ein unverzichtbares, mit seiner Schärfe belebendes Würzmittel. Es hat einfach jede Menge Geschmackspower - "Wenn ich nach dem Kochen nach Hause komme, beiße ich in ein Brot mit gutem Olivenöl - herrlich!"