Sühring Bangkok: Deutsche Küche auf Weltklasse-Niveau

Bei 33 Grad am frühen Abend kämpft sich das Taxi durch Bangkoks chaotischen Feierabendverkehr. Endlich hält es in der Soi Yen Akat, einer kleinen Straße in einem ruhigen Wohnviertel, vor der Nummer 10. Eine moderne Villa, umgeben von einem üppigen tropischen Garten. Tritt man, aus der schwülen Hitze kommend, über die Schwelle, öffnet sich eine andere Welt, klimatisiert und ganz im europäischen Stil gehalten. In einem Regal stehen Kochbücher von Tim Raue, Michel Bras und Cédric Grolet, daneben ein abgegriffenes Schulheft. Oma Christa, auf deren Bauernhof in der Lausitz Mathias und Thomas Sühring als Kinder jeden Sommer verbrachten, notierte darin in fein säuberlicher Handschrift ihre Lieblingsrezepte von Hühnerfrikassee über Erdbeertorte bis zum Eierlikör. Sie schickte die Kladde per Post nach Bang kok, als ihre Enkel das „Sühring“ eröffneten. „Es ist das Herzstück des Hauses“, sagt Mathias Sühring.

Als deutscher Gast schmunzelt man innerlich, wenn am Nebentisch ein thailändischer Mitarbeiter Gästen aus Japan er klärt, was Spätzle sind. Sie werden hier mit saisonalen Pilzen, cremiger Sauce aus Allgäuer Bergkäse und reichlich frisch gehobeltem Périgord Trüffel serviert. „In Asien ist man einfach verrückt nach Nudeln“, sagt Mathias Sühring. Örtliche Gastrokritiker beschreiben die hand geschabten Eiernudeln als „seidige Versuchung“, sie stehen seit dem ersten Tag auf der Karte.
Warum Thailand? Schicksal oder Fernweh?
„Eher Schicksal“, sagt Thomas. Sein Bruder kochte damals bei Jonnie Boer in den Niederlanden, er bei Heinz Beck in Rom. Der schickte ihn für einen Cateringauftrag nach Bangkok, ins italienische Res taurant „Mezzaluna“ im 65. Stock des 247 Meter hohen State Tower. Ein halbes Jahr später bekam er in Rom von dort einen Anruf: Man bot ihm die Küchenchefstelle an. Er war überrumpelt: „Eigentlich fühlte ich mich noch nicht so weit.“ Im Scherz sagte er: „Nur wenn ich meinen Bruder mitbringen kann.“ Gesagt, getan. Anfang 2008 kamen die beiden Berliner in Bangkok an. Zunächst waren sie geschockt von den sozialen Kontrasten in der Metropole, die heute rund zehn Millionen Einwohner hat. Doch bald erkannten sie die Chancen. Anfang 2016 machten sie sich mit dem „Sühring“ selbstständig. „Es war genau der richtige Zeitpunkt“, sagen beide im Rück blick. „Damals begann die Entwicklung Bangkoks zur Fine-Dining-Metropole.“

Wie wurde Bangkok zum Gourmet-Ziel?
Lange war die thailändische Hauptstadt vor allem für ihr exzellentes Streetfood bekannt, gehobene Küche fand nur in Hotelrestaurants statt. Das änderte sich Mitte der 2010er-Jahre, zum einen durch die Aufnahme in internationale Rankings, zum anderen durch den kulinarischen Innovator Gaggan Anand, der Bangkok mit seinem Restaurant „Gaggan“ auf die kulinarische Weltkarte setzte. „Er hat uns mit seiner Neuinterpretation indischer Küche sehr inspiriert“, sagt Thomas Sühring. „Die meisten Thais denken beim Stichwort deutsche Küche ans Oktoberfest, an Schweinebraten, Sauerkraut und Kartoffeln. Wir wollen zeigen, wie sehr sich unsere Küche weiterentwickelt hat, wie leicht und kreativ sie heute ist.“ Ihre umfangreiche Weinkarte listet die besten deutschen Rieslinge, auch Österreich und das Elsass sind gut vertreten.

Wie schmeckt es bei den Sührings?
Besonders in der handwerklich aufwendig gearbeiteten Amuse-Bouche-Parade werden traditionelle deutsche Aromenbilder neu interpretiert: Hanseatischer Labskaus und bayerischer Obazda dienen ebenso als Inspiration wie Brathering – bei den Sührings ein bildhübscher Happen, den Shisoblüten zieren. Den gebratenen und drei Tage marinierten Fisch umhüllt ein Gelee aus Senfkörnern und Gurke, er bringt Umami und feinsäuerliche Noten an den Gaumen. Besonders beliebt bei den Gästen aus Bangkok (sie machen etwa 60 Prozent aus, der Rest sind internationale Touristen) ist von Anfang an die „Brotzeit“. Zum hausgebackenen Sauerteigbrot werden frische Butter, hausgemachte Charcuterie und Essiggurken serviert. „Es gibt spannende Parallelen zwischen den beiden Esskulturen“, sagt Mathias Sühring. „Thais lieben Fermentiertes und alles vom Schwein oder Huhn.“

Wo kauft man in Thailand Saibling ein?
Die Zwillinge haben in ihrer zweiten Heimat Quellen für Lebensmittel aufgetan, die man in einem tropischen Land nie vermuten würde. In geräucherter Butter pochierten Saibling servieren sie mit einem Topping aus frischen Kräutern, am Tisch wird warme Topinambur-Consommé angegossen. Der Süßwasserfisch stammt aus dem gebirgsreichen Norden des Landes, wo die jährliche Durchschnittstemperatur nur 19 Grad beträgt. Von Anfang an arbeiten die Sührings eng mit den dortigen Royal Projects zusammen, die der frühere König Bhumibol einst initiierte, um den Bauern eine Alternative zum Opiumanbau aufzuzeigen. Heute sind dort 40000 Landwirte beschäftigt, die Sührings beziehen von ihnen vieles, das sie an ihre Kindheit er- innert: Stachel- und Erdbeeren, Gurken und Rote Bete, Kräuter wie Kerbel, Sauerampfer, Liebstöckel oder Petersilie.

Gibt es Signature-Gerichte?
Die Ente, die kurz vor dem Servieren im Ganzen am Tisch präsentiert wird, fällt auf eine besondere, persönliche Art in diese Kategorie. Auch sie stammt aus lokaler Zucht: Ein Franzose betreibt in Rayong, eineinhalb Stunden von Bangkok, eine Geflügelfarm. Die Sührings pökeln die Ente etwas an, lassen sie zehn Tage trockenreifen, räuchern sie mit Reisstroh und Kräutern, braten sie langsam am Knochen und grillen das Fleisch kurz vor dem Servieren über Holzkohle. Der aufwendige Prozess ergibt eine ganz eigene Fleischstruktur, die ein wenig an Schinken erinnert. Die knusprige Entenbrust steht in wechselnder Begleitung (zum Beispiel mit den Aromen von Kürbis und Vanille) fast immer auf der Karte.
Für die Sührings ist der Teller ein Gang, der mit Emotion aufgeladen ist – eine Erinnerung an den Bauernhof der Oma in der Lausitz, wo sie Enten und Hühner hielt.
Die Zwillinge Mathias und Thomas Sühring haben sich in Bangkok mit German Fine Dining eine internationale Fangemeinde erkocht. „Das Herzstück des Hauses“, sagt Mathias Sühring. sei die Rezeptsammlung ihrer Oma Christa, auf deren Bauernhof in der Lausitz die Brüder als Kinder jeden Sommer verbrachten. Lieblingsrezepte von Hühnerfrikassee über Erdbeertorte bis zum Eierlikör. Besonders in der handwerklich aufwendig gearbeiteten Amuse-Bouche-Parade werden traditionelle deutsche Aromenbilder neu interpretiert: Hanseatischer Labskaus und bayerischer Obazda dienen ebenso als Inspiration wie Brathering – bei den Sührings ein bildhübscher Happen, den Shisoblüten zieren. Den gebratenen und drei Tage marinierten Fisch umhüllt ein Gelee aus Senfkörnern und Gurke, er bringt Umami und feinsäuerliche Noten an den Gaumen. Besonders beliebt bei den Gästen aus Bangkok (sie machen etwa 60 Prozent aus, der Rest sind internationale Touristen) ist von Anfang an die „Brotzeit“. Zum hausgebackenen Sauerteigbrot werden frische Butter, hausgemachte Charcuterie und Essiggurken serviert. Das Restaurant besteht aus zwei großzügigen Esszimmern mit auf Hochglanz polierten Teakböden und weißgedeckten Tischen. Besonders begehrt sind die Plätze im Wintergarten, wo man fast wie in einem tropischen Dschungel sitzt, und am Küchentresen. 60 Mitarbeiter betreuen maximal 40 Gäste!