Sven Wassmer im Portrait

Sven Wassmer im Porträt

Sven Wassmer begeistert im Sven Wassmer Memories im Schweizer Grand Resort Bad Ragaz mit extrem puristischen Gerichten und unvergesslichen Aromen.
Text Julius Schneider
Datum18.09.2024

Als Sven Wassmer in London in der Küche stand, war er gedanklich in der Schweiz. Nicht weil er seine Heimat vermisste, sondern weil ihm bewusst wurde, welche Schätze sein Heimatland zu bieten hat – es brauchte nur jemanden, der sie hebt. „London ist die Geburtsstadt meiner alpinen Küche“, sagt er. Die Millionenmetropole führte ihn zurück in die Schweiz, ins beschauliche Bad Ragaz.

Ein heller Gastraum im Sven Wassmer Memories, im Hintergrund die komplett offene Küche.

Was führte ihn nach London?

Sven Wassmer wurde in Laufenburg ge­boren, einer kleinen Stadt im Schweizer Kanton Aargau. Die Küche zog ihn schon als Kind magisch an, und wenn Mutter und Großmutter kochten, war der kleine Sven nicht weit. Um ihn zu beschäftigen, wurde er an den Küchentisch gesetzt, wo er Salat­ saucen rühren durfte. Schnell wurde er zum Spezialisten der Familie, für jeden Salat entwickelte er eine eigene Vinaigret­te. „Wenn der Nikolaus kam, habe ich keinen Vers aufgesagt, sondern meine Sa­latsaucen aufgezählt“, erinnert er sich. Zusammenkommen, gemeinsam kochen und essen – der hohe Stellenwert, den das Essen in seiner Familie hat, brachte ihn dazu, eine Kochlehre zu beginnen. Im Swissôtel in Basel begann er seine Aus­ bildung, arbeitete später auch als Chef­patissier im Schloss Schauenstein bei An­ dreas Caminada, bevor er nach London in das Vajante von Nuno Mendes mit einem internationalen Küchenteam wechselte.

„In der Schweiz habe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen“, sagt Sven Wassmer, „es brauchte die Distanz, um den Wert der Natur, der Produzenten und der Produkte zu erkennen.“ Seine erste Station in der Schweiz war das „7132“ in Vals. 2019 fing er im Grand Resort Bad Ragaz im Sven Wassmer Memories an, wo er seine Vision einer modernen alpinen Küche umsetzen kann.

Unspektakulär in der Optik, herausragend am Gaumen: Bergsaibling von Sven Wassmer.

Wie schmecken die Alpen?

Ein Stück Bergsaibling wird serviert, die Sauce angegossen – fertig ist das Signature Dish, das seit acht Jahren auf der Speisekarte steht: Saibling mit gebranntem Sen- nenrahm und Tannenöl. Es gibt Gäste, die kommen nur deswegen hierher. Eine schlichte Präsentation, deren handwerkliche und geschmackliche Perfektion sich erst am Gaumen offenbart. Der Fisch ist schonend gegart, saftig, hat einen leichten Biss und ein tiefes Aroma. Die Sauce aus gebrannter Sahne ist leicht süßlich, samtig und nicht schwer. Das Tannenöl verleiht dem Gericht eine herbe Aromatik. Fisch mit Sauce? Mehr braucht es nicht. Außer dem selbst gebackenen Sauerteigbrot, mit dem der letzte Tropfen dieser Sauce auf- genommen werden kann.

Diese unvergleichliche Produktqualität findet sich auch beim Spargel wieder. Es sind Produkte, die den eigenen Geschmack prägen und neue Maßstäbe setzen. Der Spargel, den der 37-Jährige verarbeitet, kommt natürlich nicht vom Großhändler. „Er wird auf knapp 700 Metern angebaut, wächst unter einem Tunnel und ist nicht eingegraben“, sagt Wassmer, „einmal am Tag bekommt er für eine Stunde Sonnen- licht.“ Mit Blütenpollen-Miso lackiert und kurz angebraten, zeigt er, was er mit seiner alpinen Küche kreiert: einen Geschmack, den es wirklich nur hier gibt.

Auf den Punkt gegrillt: Alte Milchkuh von der Hinterhofmetzgerei.

Das gilt auch für das Rinderfilet von der elfjährigen Milchkuh, das der südafrikanische Souschef Ruari May auf dem Binchōtan-Tischgrill zubereitet – und nur dort. Kein Sous-Vide, kein Nachgaren im Ofen, mit Gefühl und Können wird dieses Stück Fleisch auf den Punkt zu rosaroter Perfektion gegrillt. Wieder eine Produktqualität, die kaum zu übertreffen ist. Genauso wie bei dem dazu servierten Kartoffelpüree à la Joël Robuchon – Butter und Kartoffeln im Verhältnis eins zu eins. Eine Küche, die jeder versteht, schnörkellos und filigran. Auf das Wesentliche reduziert und doch rund und vollmundig.

Ein Sauerampfersorbet, umhüllt von Joghurtschaum mit Holunder, spielt mit kräuteriger Säure und kühler Frische. Ein Geniestreich ist der kandierte Mini-Tannenzapfen mit leicht harziger Süße und einer Textur wie Karamell – der perfekte Abschluss.

Welchen Rahmen braucht solch ein Genuss?

Das Ambiente mit hohen Stuckdecken, Holzboden und bodentiefen Fenstern ist edel, doch Ehrfurcht kommt nicht auf. Das liegt auch am lockeren Service unter der Leitung von Sommelier und Restaurantchef Sebastian Stichter. Für seine Weinauswahl kann er auf einen gläsernen, begehbaren Weinschrank direkt am Eingang zurück- greifen. Darin finden sich Spitzengewächse aus Frankreich, Italien und Deutschland, doch am meisten liegt ihm die Weinregion Bündner Herrschaft am Herzen, und auch die alkoholfreien Kreationen sind durch- dacht und machen Spaß.

Im Grand Resort Bad Ragaz gibt es drei Restaurants, die mit Michelin Sternen ausgezeichnet sind.

Das Sven Wassmer Memories ist Teil des Grand Resort Bad Ragaz, eines Luxusretreats, das durch Weglassen statt durch Prunk glänzt. Auch bei Sven Wassmer fällt auf, dass et- was fehlt: ein Dresscode. Alle Gäste sollen so genießen, wie sie sich wohlfühlen. Das passt zu seiner zugänglichen Küche und schafft eine entspannte Atmosphäre. „Wenn Gäste kommen und sagen, ich fühle mich wie zu Hause, dann haben wir alles richtig gemacht“, sagt er. Dazu trägt auch die of- fene Küche bei, die diesen Namen verdient – nahtlos fügt sie sich in den Gastraum ein. Dazu gibt es sechs Plätze an der Theke, an der man das Team bei der Arbeit beobach- ten kann.

Spargel aus Reichnau – Qualität, die es nur hier gibt.

Warum fährt er in der Freizeit Skateboard?

Sven Wassmer führt sein Team auf Augen- höhe. „Jeder ist gleichberechtigt, kann sich einbringen, und auch Fehler gehören dazu“, sagt der Küchenchef, „die mache ich auch.“ An vier Tagen ist das Restaurant geöffnet, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen Zeit für sich haben, und auch er möchte sich um seine Familie kümmern und sei- nem Hobby nachgehen – dem Skateboardfahren. Im Skatepark lenkt sich der Spitzenkoch von den Höchstleistungen in der Küche ab und taucht ein in die Welt der Slides und Kickflips, bei denen sich das Brett um 360 Grad um die Längsachse dreht. „Bei der Arbeit geben alle viel Herzblut, da muss man etwas zurückgeben, ei- nen Ausgleich finden“, sagt Sven Wassmer. Nur so könne er dem Namen des Restaurants Sven Wassmer Memories gerecht werden. Sein Ziel ist es, mit seiner Küche Erinnerungen zu wecken, aber meistens schafft er neue – ganz besondere. 

Kickflip vor dem Grand Hotel: Sven Wassmer liebt es, in seiner Freizeit skaten zu gehen.
Sven Wassmer Memories
H M R Q F

Sven Wassmer schafft mit seiner Küche etwas, was man selten erlebt: Er bringt die Essenz einer Region auf den Teller. Man schwelgt in der Reduktion auf das Wesentliche, die Gerichte sind so gut, dass es nicht mehr braucht als einen Fisch mit Sauce. Der Saibling mit gebranntem Sennenrahm und Tannenöl ist handwerklich perfekt und geschmacklich komplex. Der Fisch ist schonend gegart, saftig, hat einen leichten Biss und ein tiefes Aroma. Die Sahnesauce ist leicht süßlich, samtig und nicht schwer. Das Tannenöl verleiht dem Gericht einen herbe Aromatik. Das Rinderfilet von der elfjährigen Milchkuh wird auf Holzkohle gegrillt - und nur darauf. Kein Sous Vide, kein Nachgaren im Ofen, mit Gefühl und Können wird dieses Stück Fleisch auf den Punkt gegrillt, bis es rosa ist. Ein Sauerampfersorbet, umhüllt von Joghurtschaum mit Holunder, spielt mit kräuteriger Säure und kühler Frische. Ein Geniestreich sind die kandierten Mini-Tannenzapfen mit leicht harziger Süße und karamellartiger Textur - der perfekte Abschluss. Exzellente Küche in entspannter Atmosphäre - einen Dresscode gibt es nicht.

Bernhard-Simon-Strasse 20, 7310 Bad Ragaz, CH
+41 81 3033036
memories.ch
Mi-Sa 19-21.30 Uhr
Menüs ab € 346
Grand Resort Bad Ragaz
H Q F

Das historische Resort besteht aus dem Grand Hotel Hof Ragaz und dem Grand Hotel Quellenhof & Spa Suites. Das Wellnesshotel verfügt über eine eigene Thermalquelle und ein medizinisches Gesundheitszentrum. Zeitlose Eleganz, puristisches Design oder stilvolle Behaglichkeit. In den Zimmern und Suiten der Grand Hotels erwarten Sie drei Stilrichtungen. Der Wellnessbereich umfasst Thermalbäder, einen Spa und eine Saunawelt. Zwei Golfplätze bieten einmal 9 und einmal 18 Loch, letzterer ab Handicap 36 spielbar. Im Restaurant „Sven Wassmer Memories“ kocht Spitzenkoch Sven Wassmer persönlich.

Bernhard-Simon­-Strasse 20, 7310 Bad Ragaz, CH
+41 813033036
www.resortragaz.ch
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