Take 5: Confierte Bachforelle
Lieber Jonas Zörner, schon als Jugendlicher haben Sie in einer Profiküche gejobbt. Was hat Sie so begeistert, dass Koch Ihr Beruf geworden ist?
Die Arbeit im Team fand ich faszinierend, wie alle mit Herzblut für ein Ergebnis gearbeitet haben, dabei trotz Stress und Druck gute Laune hatten.
Im „Golvet” sind Sie erstmals Chef. Tragen Sie diesen Spirit auch in Ihr Team?
Zuerst ist der Personalmangel das Riesenproblem in der Gastronomie, aktuell geht es vor allem darum, gute Leute zu halten, und so bin ich ein Drittel meiner Zeit damit beschäftigt, mir zu überlegen, was ich meinen Mitarbeitern Gutes tun kann …
… und was konkret?
Die Idee ist, nicht nur für die Mitarbeiter des Restaurants, sondern der ganzen Gruppe, einen Benefit-Katalog zu erarbeiten, um auch als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Es sollte auch ein Bonus-System geben sowie ein Konzept, wie man trotz der recht harten Arbeit ein Umfeld schafft, in dem Kreativität entsteht. Wir haben nur noch vier Tage geöffnet, sodass die Mitarbeiter erholt aus dem Wochenende kommen. Wir haben eine Pinnwand für Ideen, auf der auch der Patissier notieren kann, was er sich im Hauptgang wünscht. Wir frühstücken gemeinsam und hören Musik bei der Arbeit, gern laut und nach einer trashigen Playlist. Lockerheit ist mir wichtig, wir verbringen viel Zeit zusammen, jeder muss mit jedem können.
Sie waren zuvor bei Heiko Nieder im „Dolder Grand“ in Zürich und bei Michael Kempf im Berliner „Facil“, was haben Sie von beiden am meisten gelernt?
Bei Heiko Nieder – und das ist vielleicht typisch Schweiz – Sauberkeit, Struktur und Disziplin; die Küche war straff geführt. Bei Michael Kempf Kreativität und Eigenständigkeit. Beide haben mir klassische Techniken vermittelt, die Basis meiner Küche.
Haben Sie ein Beispiel?
Meine Basis ist klassisch französisch, vor allem beim Aufbau der Saucen. Aber ich bezeichne meinen Stil auch als nachhaltig und weltoffen. Wir fermentieren viel, setzen Sojasaucen an, haben aus Spanferkelkeulen eigenen Schinken gemacht und im Keller Kompost für Bioabfälle angesetzt.
Zürich, Berlin – wie beeinflussen die Städte die Art, ein Restaurant zu führen?
In der Schweiz wird Fine Dining klassisch definiert: Die Uniformen müssen akkurat sein, die Tische schwer eingedeckt, „Gourmet” bedeutet, dass ein hoher Standard erfüllt werden muss – oft wirkt es aber auch, als sei die Zeit stehen geblieben. In Berlin braucht man das alles nicht, die Stadt steht für Offenheit und Vielfalt, ist ein großer Ideenpool, auch kulinarisch. Das „Golvet“ war mal ein Club, diese Tradition soll weiterleben, und so spielen wir Elektro-Musik, die im Laufe des Abends immer lauter wird. Außerdem gibt es keinen plätschernden Brunnen, sondern schwarze Holztische, Leder und schwarzes Besteck. Keiner von uns hat Lust auf steife Gastronomie, und Gäste können in Jogginghose oder Jackett kommen, wie sie möchten.
Nachhaltigkeit ist das große Thema in der Gastronomie. Wie ist es bei Ihnen?
Es sollte für Küchenchefs selbstverständlich sein, regional und nachhaltig zu arbeiten. Wir schauen genau hin: Müssen es Gemüse aus Thailand oder Languste aus Südafrika sein – wo es doch Flusskrebse aus dem Tiergarten und Zander aus Brandenburg gibt. An erster Stelle steht aber die Qualität, und wenn die Ware aus Spanien überzeugender ist, wähle ich diese. Wir haben kürzlich mit der Organisation Oceans 2050 zusammengearbeitet, die Stühle aus Geisternetzen herstellt. In diese Richtung wollen wir weiterdenken.
Sie bieten auch ein Kindermenü an. Wird das angenommen?
Sehr gut sogar, an manchen Tagen haben wir gleichzeitig bis zu neun Kinder mit ihren Eltern zu Gast. Wir haben eine eigene kleine Karte für sie mit paniertem Fisch oder Chicken Nuggets und Eisbecher mit Smarties.
Was sind heute die Herausforderungen für einen jungen Küchenchef?
Sich immer weiterzuentwickeln, nicht stehen zu bleiben, nicht zu stagnieren.
Welche Vorbilder haben Sie?
Faszinierend finde ich die junge Köchegarde wie Tohru Nakamura, Jan Hartwig, aber auch Christian Bau und Kevin Fehling. Dass ich irgendwo da auch schon angekommen bin, ist für mich immer noch unwirklich.
Weihen Sie uns ein: Was haben Sie sich bei diesem Forellen-Rezept gedacht?
Den Fischposten finde ich in der Küche am besten, denn man muss ganz akkurat arbeiten und garen. Die Forelle ist ein leichtes, frisches, säurebetontes Gericht, das meinem persönlichen Geschmack sehr nahekommt, denn ich mag keine schweren Gerichte – und es ersetzt das Käsebrot am Abend.
Konzept: Zeitgemäßes Gourmet-Erlebnis mit fantastischem Blick über Kulturforum und Potsdamer Platz, serviert ein saisonales Menü mit 7 Gängen (auch vegetarisch), das durch zwei Signature-Gerichte ergänzt werden kann. Neu im Angebot ein sind ein À-la-carte-Menü und ein Bar-Menü.
Küche: Noch konsequenter stellt Jonas Zörner bei seinen Gerichten mit klassischer Basis die Hauptprodukte in den Mittelpunkt und arbeitet Aromen heraus, etwa bei wunderbar bissfesten Filet vom Müritz-Hecht im Mangold-Mantel mit Bacon, Roscoff Zwiebel, Lorbeeröl und den karamellisierten Stielen vom Mangold oder auch in Butter angebratener Krause Glucke mit samtigem Kartoffel-Pilz-Püree, gewürfeltem Kalbskopf und würziger Sauce von Kalbsbäckchen mit Senfsaat, Majoran und Vin Jaune, einer Sherry-ähnlichen Weinspezialität aus dem französischen Jura.
Wein: Top-Sommelier Andrea Agosta aus Florenz hat die Karte mit nun rund 700 Positionen um gereifte Weine aus Burgund, Bordeaux und von der Loire aufgestockt. Neu ist die zusätzliche „Premium Begleitung“ zum Menü.
Atmosphäre: Locker und entspannt, stimmungsvoll gedimmtes Licht, ideal für’s romantische Date hoch über Berlin.
Fazit: Stilvoll-professionelle Gastlichkeit in mondänem Setting, bei der die Küche im Mittelpunkt steht.