Koch des Monats: Tim Boury aus Belgien
Im Zentrum der belgischen Provinz Westflandern und im Dreieck aus Brügge, Gent und dem knapp hinter der nahen belgisch-französischen Grenze gelegenen Lille liegt das Städtchen Roeselare. Zu den örtlichen Attraktionen gehören ein Radsportmuseum, der äußerst erfolgreiche Volleyballverein Knack Roeselare – und ein weltweit bekanntes Restaurant: das „Boury“.
Hier setzt Küchenchef Tim Boury nicht auf den großen, lauten Angriffsschlag, bespielt Social Media nicht in Radrennbahn-Dauerschleife, sondern steht tagtäglich am Pass, schmeckt seine heiß geliebten Saucen ab und kontrolliert jeden Gang, bevor er rausgeht. Das Restaurant ist ein Hort klassischer, zugewandter Gastlichkeit: Man öffnet mittags, neben einem Menü gibt es – außer freitags- und samstagsabends – eine umfangreiche À-la-carte-Auswahl.
Der Gastgeber bedient persönlich
Während eines Aufenthalts im „Boury“ kommt der Namensgeber selbst an den Tisch. Nach einem spektakulären, geschmackspointierten und jederzeit animierenden Amuse-Gueule-Feuerwerk rückt er mit einem Wagen an, sprüht aus einem „iSi“-Spender eine Mischung aus Gurke und Limette auf ein Holzstäbchen, das er auf eine eiskalte Platte gelegt hat. Fertig ist die coole Geschmackseichung am Stiel, bevor das eigentliche Menü furios mit Gelbschwanzmakrele aus exzellenter Zucht im niederländischen Zeeland beginnt.
Zu einem Hauptteller mit zart-pikanter peruanischer Leche de Tigre nebst Gurke und Cashew-Stückchen gesellen sich à part zwei weitere Kleinstkunstwerke: eine umamireiche, an Sushi angelehnte Rolle mit Tatar und ein knuspriger, kugelrunder Fischkuchen.
Was ist das Geheimnis des Erfolgs von Tim Boury?
Das „Boury“ ist ein Familienbetrieb. Das Dreigespann aus Tim Boury, Inge Waeles und Ben Boury eröffnete das erste „Boury“ im Jahr 2010 im Stadtzentrum: „Wir hatten ein kleines Haus gekauft und renoviert.“ Nach fünf erfolgreichen Jahren war das Geld zusammen für das jetzige Anwesen, man richtete die Backsteinvilla nach eigenen Vorstellungen ein und konnte 2016 eröffnen. Dem ersten Stern 2012 im Guide Michelin folgte 2017 der zweite und 2022 der dritte. Für Tim Boury ist der Weg zu Top-Bewertungen ein Weg vieler kleiner Schritte, die präzise sitzen müssen.
Wie die Kingfish-Vorspeise serviert Tim Boury seine Entrees gern in mehreren Akten, vor allem beim im „Boury“ konsequent gepflegten À-la-carte-Angebot. „Für mich ist wichtig, dass Gäste, besonders auch Stammgäste, im Restaurant wählen können, was sie essen möchten.“ Hinzu kommt, dass das Restaurant trotz seiner beschaulichen Lage mittags und abends geöffnet hat: „Wir haben in Belgien noch eine gute Lunch-Kultur, auch mal für ein üppiges Mahl mit passenden Weinen.“ Für Letzteres sorgt eine famose Weinkarte, in der das junge Sommelier-Duo Simon De Tavernier und Pieter Godts bei einem klaren französischen Schwerpunkt besonders viele Champagner und Burgunder listet, überdies Spitzenerzeugnisse aus aller Welt zu durchaus trinkfreudigen Preisen. Noch so ein Erfolgs-Dreieck.
Nicht Antwerpen, Brüssel, Brügge oder Gent – warum fiel die Wahl auf Roeselare?
Tim Boury wurde unweit seiner jetzigen Wahlheimat in Ypern an der französischen Grenze geboren. Durch seine Arbeit lernte er Gent und Brüssel kennen. Anfangs, erzählt er, hätten er und seine Frau Inge „auch in großen Städten nach Lokalitäten geguckt“. Doch als ihre erste Tochter auf die Welt kam, sei ihnen klar gewesen, dass sie Kinderbetreuung brauchen würden.
Inges Mutter lebt in Roeselare, Tim Bourys Eltern wohnen 20 Minuten entfernt. Aber das war nicht der einzige Grund für die Standortwahl: „Wir lieben diese Region. Rundherum ist es grün, es gibt Wohlstand, aber man ist bodenständig, wegen der vielen Industrie.“
Gutes Gemüse, gute Gemeinschaft
Außerdem liefere die Landwirtschaft gutes Gemüse und das nahe Meer besten Fisch. Auch beim Thema Personal hilft die Provinz, so ließen sich zwei kleine Häuser erwerben, als Unterkünfte für Mitarbeiter. Und natürlich ziehen die Auszeichnungen Nachwuchs an. Um den kümmert man sich mit der „Boury Academy“, sie ermöglicht jungen Menschen Einblicke in die Spitzengastronomie.
Wie entsteht ein neues Gericht im „Boury“?
Zunächst in einem klar definierten Rahmen: pure Produktküche, regional, der Saison folgend, offen für Einflüsse aus der ganzen Welt. Und möglichst nachhaltig: So verwendet Tim Boury von der Gelbschwanzmakrele nicht nur den Rücken, sondern alles. „Wir fangen immer mit der Hauptzutat an“, erklärt er die Herangehensweise bei der Entwicklung neuer Gerichte. Die mit der Hauptzutat verbundene Geschmackswelt interpretiert er mal klassisch, mal experimentell.
Saucen sind dabei enorm wichtig, ob belebende Vinaigrette, kräftig verdichtete Jus oder – wie zur handgetauchten Jakobsmuschel aus dem französischen Seebad Dieppe – eine mit Nussbutter abgerundete japanische Dashi, die einer mit Knochenmark angereicherten Petersilienwurzel-Emulsion gegenübersteht.
Wie man nichts mehr hinzuzufügen braucht und nichts mehr weglassen kann, demonstriert dann in der Menü-Dramaturgie ein zweigeteiltes Gericht. Zum einen zwei hochintensive Stücke von der Königskrabbe, in Thymian-Butter zu absoluter Zartheit gegart. Zum anderen gezupftes Fleisch vom Nordsee-Taschenkrebs auf einem Miesmuschel-Vadouvan-Flan, ganz subtil mit Fenchel und Kamille aromatisiert und von Gartenkräutern getoppt. Das Duo erzeugt ein aufregendes Wechselspiel aus belebender Frische und mundfüllender Intensität – so einfach und doch so komplex.
Im „Boury“ findet sich nicht nur Nordseefisch und japanisches Wagyu auf der Karte, sondern, sobald die Saison beginnt, auch Wild aus der Region. Fasan für zwei etwa, oder der saignant gegarte Wildhase im Menühauptgang, den Boury stimmig mit von Miso angereichertem Kürbispüree, geschmorter Endivie und dem cremigen Blauschimmelkäse Grevenbroecker kombiniert.
Ist es einfach, eine eigene Handschrift zu entwickeln?
Das sei etwas, das wachsen müsse, sagt Tim Boury. „Man startet nicht ein Restaurant und hat sofort seinen Stil oder seine Philosophie gefunden. Man probiert aus, experimentiert und verwirft.“
Boury glaubt auch nicht, dass dieser Prozess jemals abgeschlossen ist, sondern man immer weiter etwas Neues macht: „Wenn man als Koch etwas zu lange macht, kann es auch langweilig werden.“
Das „Boury“ ist ein Familienbetrieb. Das Dreigespann aus Tim Boury, Inge Waeles und Ben Boury eröffnete das erste „Boury“ im Jahr 2010 im Stadtzentrum: „Wir hatten ein kleines Haus gekauft und renoviert.“ Nach fünf erfolgreichen Jahren war das Geld zusammen für das jetzige Anwesen, man richtete die Backsteinvilla nach eigenen Vorstellungen ein und konnte 2016 eröffnen. Dem ersten Stern 2012 im Guide Michelin folgte 2017 der zweite und 2022 der dritte. Für Tim Boury ist der Weg zu Top-Bewertungen ein Weg vieler kleiner Schritte, die präzise sitzen müssen. Wie die Kingfish-Vorspeise serviert Tim Boury seine Entrees gern in mehreren Akten, vor allen beim im „Boury“ konsequent gepflegten À-la-carte-Angebot. „Für mich ist wichtig, dass Gäste, besonders auch Stammgäste, im Restaurant wählen können, was sie essen möchten.“ Hinzu kommt, dass das Restaurant trotz seiner beschaulichen Lage mittags und abends geöffnet hat: „Wir haben in Belgien noch eine gute Lunch-Kultur, auch mal für ein üppiges Mahl mit passenden Weinen.“ Für Letzteres sorgt eine famose Weinkarte, in der das junge Sommelier-Duo Simon De Tavernier und Pieter Godts bei einem klaren französischen Schwerpunkt besonders viele Champagner und Burgunder listet, überdies Spitzenerzeugnisse aus aller Welt zu durchaus trinkfreudigen Preisen.