Trend-Check: Social Dining
Trend-Check: Social Dining
YouDinner
Willkommen im Club: In sechs Städten bietet die Plattform kulinarische Erlebnisse mit Köchen und anderen Experten in Pop-up-Locations an.
von Stefan Chmielewsk
Seit zwei Jahren bietet der Club “YouDinner” exklusive Genuss-Events in Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart sowie Reisen zu Gourmetadressen in aller Welt an. Organisatoren sind Miguel Calero, lange Jahre Restaurantleiter im Spitzenlokal „Vendôme“ in Bergisch Gladbach, und Marketingexperte Daniel Ohr.
Auf den Events vermischen sich von Einzelgästen über Paare und Gruppen, von Jeans und Sneakers bis zum Pelz alles. Wie so häufig trifft man sich auch hier in einer Pop-up-Location: Wo zuvor eine Galerie und ein Antiquariat waren, ist im weiß verputzten Saal nun eine lange Tafel eingedeckt, umgeben von bequemen Thonet-Stühlen. Eine Tischordnung gibt es nicht.
Alle Getränke sind im Pauschalpreis inbegriffen. Die Teilnahme an den Events kostet für Clubmitglieder in der Regel 50 bis 99 Euro, zusätzlich zum Jahresbeitrag von 180 (für Paare 300) Euro; mitgebrachte Gäste zahlen meist 30 Euro mehr.
platz doch!
Zwei Slowakinnen kochen in Berlin-Kreuzberg vor ihren Gästen Rezepte aus K.-u.-k.-Zeiten. Dazu werden Naturweine gereicht – und jede Menge Gesprächsstoff.
von Antonia Wien
Der Osten Europas ist kulinarisch unterrepräsentiert in Berlin, besonders die slowakische Küche mit ihren Rezepten der K.-u.-k.-Monarchie findet kaum Beachtung. In Kreuzberg bietet „platz doch!“, die minimalistisch gestaltete, aber gemütliche Wirkungsstätte der Slowakinnen Vanda Molnár und Silvia Pintérová, dieser Esskultur einen Rahmen. Die beiden 41-jährigen Frauen stammen aus Bratislava, leben aber schon viele Jahre in Berlin.
Die Liebe zu Menschen und gutem Essen verbindet sie, und so entstand die Idee vom eigenen Restaurant als Ort der Kommunikation und genussvollen Esskultur, der von Mittwoch bis Sonntag abends seine Türen öffnet.
Die Küche befindet sich mitten im Gastraum. Die Tafel ist das Herzstück des Lokals, puristisch, mit Kerzen und zwölf Holzstühlen. Ein lässiges Ambiente, in dem fremde Menschen schnell ankommen und sich kennenlernen. Die Gäste sind eine Mischung aus reise- und kulturinteressierten Menschen zwischen 30 und 60 Jahren. Das wöchentlich wechselnde Menü wird von Naturweinen begleitet. Das Drei-Gänge-Menü für 30 Euro besteht meist aus Zutaten, die gemäß dem Slow-Food-Konzept von Biobauern im Umland stammen, der Rest kommt aus der Heimat. Die Rezepte, überliefert in Urgroßmutters Fundus aus der K.-u.-k.-Zeit, werden nun weitergegeben an genussfreudige Großstädter. Die Gerichte zeichnen sich durch fokussierte Schlichtheit aus, jedes Produkt wirkt für sich und hat geschmacklichen Raum.
Die Gäste sprechen über das Leben, die Liebe und fremde Kulturen. Die Gastgeberinnen trinken einen Schluck Wein mit, nehmen unaufdringlich teil. Sie haben das erreicht, was sie sich wünschen: einen Ort zu schaffen, an dem sich Menschen öffnen, interessante Gespräche führen, an dem gelacht und gutes Essen genossen wird.
CHEF.ONE
Vielen bekannt aus der Fernsehserie „Die Höhle der Löwen“, verbindet das Portal ehrgeizige Hobbyköche in vielen deutschen Städten mit Menschen, die sich gern in privatem Rahmen von gutem Essen überraschen lassen.
von Ulf Sundermann
Die Gründer des Portals CHEF.ONE haben schon in der Serie „Höhle der Löwen“ Furore gemacht: Frei nach dem Motto “Zusammen isst man nicht allein” werden in verschiedenen deutschen Städten kulinarische Abende und Events organisiert. Die Macher wollen jenseits der Gastronomie Menschen miteinander vernetzen, die sehr gut kochen können und gutes Essen schätzen.
Dabei können innerhalb der Städte Hamburg, Köln, Düsseldorf und München verschiedene Events zu unterschiedlichen Preisen über die CHEF.ONE-App gebucht werden. Die Adresse zum Event kommt per WhatsApp.
CHEF.ONE-Gäste sind meist um die 30 Jahre alt, freier Fotograf trifft hier auf Versicherungsmanagerin. Bei einer lockeren, ungezwungenen Atmosphäre kommt man schnell ins Gespräch. Ganz gesellige Runden dauern manchmal sogar bis in die Morgenstunden.
Polish Thursday Dinners
Polnische Klischees auf die Schippe zu nehmen, das war das ursprüngliche Ziel, als Julia Bosski aus Warschau einen Supper Club in Berlin gründete. Ganz nebenbei kommt es beim Essen auch zum lebhaften Kulturaustausch.
von Stefan Elfenbein
Berlins bekanntester Supper Club „Polish Thursday Dinner“ lädt zweimal im Monat an besondere Berliner Orte ein: in die Arminius-Markthalle in Moabit, in die „Cordobar“, sommers in ein Café mit verwunschenem Rosengarten oder in Alt-Berliner Wohnungen von Freunden. Die Gästeschar der Dinner-Abende ist international und multikulturell, die meisten Teilnehmer sind zwischen 25 und 40 Jahre alt. Gastgeberin Julia Bosski, 27, vermittelt und übersetzt, wenn nötig. Sie kam mit 19 Jahren von Warschau nach Berlin, „mit 50 Euro in der Tasche“. Vor vier Jahren veranstaltete sie ihr erstes „Polish Dinner“ im Loft eines Freundes.
An manchen Abenden kochen junge Köchinnen und Köche aus Polen, an anderen Freunde aus Berlin; immer zur Seite steht Julia ihr bester Freund Marcin Gancarczyk als „gute Seele“. Die Gastgeberin selbst kocht nie, sie moderiert die Abende. Konzept des „Polish Thursday Dinners“ ist, dass jedes Menü etwas über Polen erzählen muss. Bio- und Naturweine zum jeweiligen Menü sucht Holger Schwarz von „Viniculture“ aus, aber natürlich gibt es auch immer Wodka.
„Begonnen hat alles als Spaßprojekt“, erzählt Julia, „die Klischees über Polen wollte ich auf die Schippe nehmen, es gab Borschtsch und Piroggen.“ Aber dann sei doch der Wunsch gewachsen, Vorurteile abzubauen. Die Kosten für einen Abend: 55 Euro fürs Essen, 30 für den Wein.
„Man klopft als Wildfremder an die Tür, geht als Freund und hat noch gut gegessen“, resümiert ein Gast.
Dreigang Supper Club
Eine große Portion Neugier sollte mitbringen, wer sich auf den Kölner „Dreigang Supper Club“ einlässt: Treffpunkt und Speisenfolge erfahren die Gäste erst wenige Stunden vor dem Dinner. Das hat Underground-Charme.
von Tobias Christ
Der “Dreigang Supper Club” – das ist ein Blind Date mit 40 hungrigen Menschen, an einem unbekannten Ort. Dieser Überraschungseffekt ist der Kick der Event-Reihe, die die Kölner Gourmetszene seit zweieinhalb Jahren mit Underground-Charme begeistert. Wer sich für einen „Dreigang“-Abend anmeldet, weiß nie, was ihn erwartet. Die Orte, die Köche, die Gäste, alles variiert. Gegessen wird in Gewölbekellern, Privatgärten oder auf Theaterbühnen – Hauptsache, keine Routine.
Erst am Tag vorher erfahren die Teilnehmer per E-Mail die Adresse des Abends. Auch die Menüfolge wird erst 24 Stunden vorher von den Veranstaltern bekannt gegeben. Mit wem man an einem Tisch sitzt, bleibt ebenfalls bis zur letzten Minute geheim. Ganz schön viel Aufregung für 65 Euro!
Catrin Edling ist eine der Gründerinnen von „Dreigang“, das Format konzipierte sie mit ihrem Mann Jochen und dem Freund Daniel Ewald. „Wir wollen tolle neue Räume entdecken und dort ein Restaurant für einen Abend eröffnen“, sagt die 38-Jährige, die schon während ihres Studiums in Restaurants gearbeitet hat. Das Angebot kommt an: „Am Anfang haben wir nur Freunde bewirtet, dann hat es sich herumgesprochen.“
Und das zu recht: Die Gäste werden in einer lockeren und unkomplizierten Umgebung professionell und gleichzeitig warmherzig umsorgt. Kosten für den Abend: 65 Euro
Wiltmann
Weitere Privat-Dinner
- Hamburg: Monika Fuchs, ehemalige Caterin (unter anderem für Reinhold Beckmann) bittet jeden Freitagabend bis zu 24 Gäste in ihre Wohnung. Die fünf Gänge stehen unter dem Motto „Sonntagsessen“, zwei Enkel gehen der Dame zur Hand. Fester Bestandteil ist die Vorstellungsrunde, die immer zu tiefgründigen Gesprächen führt. Einen Teil der Gebühr spendet sie an das Projekt „Waldpiraten“ für krebskranke Kinder. studiocatering@gmx.de
- Erfurt/Weimar: Die Food-Bloggerin (und -Fotografin) Meeta Khurana-Wolff organisiert Events unter dem Motto „Kochen & Freunde“. In einem Loft bereiten bis zu 20 Teilnehmer ein Menü zu – kein Kochkurs, sondern ein Get-Together am Herd. Der nächste Termin (21. April in Weimar) steht unter der Überschrift „From Forest to Table“.
- Salzwedel: Erst Maurer, dann Arbeitsvermittler, jetzt Privatkoch (und Mitglied in „Johann Lafers-Kochclub“): Christian Krüger bekocht zweimal im Monat zwölf Gäste mit fünf Gängen. Man sitzt im Wohnzimmer, schaut ihm in der offenen Küche über die Schulter.