Wein-Influencer
Antonios (Toni) Askitis Der 40-jährige Sommelier mit griechischen Wurzeln gibt auf Instagram unter dem Hashtag #asktoni Antworten zu Fragen rund um den Wein. Man kann ihn auch für Moderation und Weinkartenberatung buchen. Askitis lebt in seiner Geburtsstadt Düsseldorf.
Jana Kreilein Die 29-Jährige postet unter #notawinesnob ihre Erlebnisse auf Weinreisen und betreibt den Blog The Wine Girl. Nebenbei arbeitet die Kanadierin seit 2015 als Exportmanagerin beim Würzburger Weingut am Stein und studiert für ihr „Wine Diploma“ in London.
Wie kommt es, dass Sie Ihre Weinleidenschaft sehr stark online ausleben?
Kreilein: Ich finde, die Weinwelt hinkt ziemlich hinterher, was digitales Marketing angeht. Ich reise sehr viel, um Weingüter zu promoten, Weintourismus zu fördern. Als Weinkritikerin sehe ich mich nicht, mein Hashtag lautet #notawinesnob. Ich liste nicht all diese absurden Verkostungsnotizen auf, daran sind meine Follower nicht interessiert. Mein Fokus ist Wein und Lifestyle.
Askitis: Ich bin ausgebildeter Sommelier und habe bis vor zwei Jahren ein eigenes Restaurant geführt. Meine Weinkarte war mega, aber Arroganz war nie meine Sache. Mich konnte jeder immer alles fragen, und so kam ich irgendwann auf die Idee mit dem Hashtag #asktoni. Da beantworte ich nun jeden Donnerstag auf Instagram Fragen zum Thema Wein.
Wen wollen Sie im Netz erreichen?
Askitis: Ich wende mich hauptsächlich an Anfänger, nehme ihnen die Angst, und dann ballern sie die Fragen raus. Dafür habe ich verschiedene Formate. Es gibt jede Woche ein Video mit dem Titel „Vollgas Toni“, da stehe ich zum Beispiel mit Weinflasche und Kellnertuch auf dem Surfbrett – so nehme ich die Ernsthaftigkeit aus dem Thema Wein raus. Es gibt aber auch Interviews mit Winzern, die Rubrik heißt „Kleines Mikro, große Gewächse“. Oder „Musik im Glas“: Da erkläre ich einen Wein mit einem Song, weil Wein für mich so vielfältig ist wie Musik und genauso die Sinne berührt.
Kreilein: Ich habe ein großes Spektrum an Followern – von Anfängern bis Sommeliers. Die meisten leben in den USA und sind zwischen 21 und 45 Jahre alt.
Wie sind Sie zum Wein gekommen?
Kreilein: Ich habe als Filmstudentin nebenher gekellnert, und als ich keine Lust mehr hatte, auf Jobs bei Filmproduktionen zu warten, habe ich in Toronto Weinseminare besucht, um in der gehobenen Gastronomie arbeiten zu können. Ich wollte die alte Weinwelt kennenlernen und habe mich dann in einen Deutschen verliebt. So bin ich hierhergekommen und habe beim Weingut am Stein bei der Ernte geholfen und dann ein Praktikum gemacht.
Wie war das?
Kreilein: Erntehelferin zu sein war super anstrengend, aber toll! Damals habe ich begonnen, die ersten Fotos zu machen, erst mal für mich selbst. Später war ich dann nicht nur im Weinberg, sondern auch im Keller und im Verkauf. Ich konnte viele Erfahrungen sammeln und habe Instagram genutzt, um sie zu dokumentieren. Ohne, dass ich es geplant hatte, wuchs die Zahl der Follower. Ich war in eine Nische gestoßen und wohl eine der ersten Frauen unter den Wein-Influencern.
Welches Ziel verfolgen Sie auf Instagram?
Kreilein: Ich möchte Gefühle erzeugen und die Leute ermutigen, etwas auszuprobieren, das sie noch nicht kennen.
Askitis: Ich würde gerne Online und Offline kombinieren, Winzer und die Follower zusammenbringen, bei Livetastings, Partys. Die Menschen sollen sehen, unsere Welt ist cool – statt immer nur trocken über Wein zu sprechen.
Jana, Ihre Reisen und die geposteten Fotos sind oft spektakulär. Vielleicht schildern Sie mal, wie so etwas abläuft.
Kreilein: Letztes Jahr war ich zum Beispiel für eine Luxushotelkette in Mauritius, die haben dort zwei Resorts, einen erstaunlichen Weinkeller und eine Sommelier-Schule. Anlass war das Ende der Weinlese in Burgund – das wird inzwischen überall auf der Welt gefeiert. Eine unglaubliche Veranstaltung, mit allen Schülern und fünf berühmten Weinmachern aus der ganzen Welt, Egon Müller war dabei, René Barbier aus dem Priorat. Es gab Schulungen und tastings in bizarren Settings, zum Beispiel auf einem Segelboot. Das Hotel wollte seinen Weinkeller bekannt machen und hat mich als Influencerin gebucht, weil die Betreiber wussten, dass mir die Weinliebhaber folgen. Eine solche Story ist perfekt für Instagram: ein Weinkeller im Indischen Ozean!
Welche Reaktionen bekommen Sie von Ihren Followern?
Kreilein: Manche haben geschrieben: „Alles, was Du machst, ist, ein Foto im Bikini zu posten und dabei eine Weinflasche zu halten.“ Dabei will ich doch nur einen sonnigen, leicht zugänglichen Weg zum Wein weisen. Wenn ich in Mauritius bei 32 Grad auf einem Segelboot abhänge – natürlich trage ich dann einen Bikini.
Askitis: Ich bin ja Skater, und neulich auf dem Skateplatz sagt ein jüngerer Typ zu mir: „Voll geil, das Weinding, das du auf Instagram machst.“ Da habe ich gemerkt, jetzt erreiche ich die Leute, die ich erreichen will.
Wie finanzieren Sie sich?
Kreilein: Für nur etwa fünf Prozent meiner Instagram Einsätze werde ich bezahlt. Ich will mich nicht völlig verkaufen, lehne viele Dinge ab, es muss echt und authentisch sein, sonst leidet mein Markenimage. Wenn eine Firma, ein Produzent oder ein Hotel sich an mich wendet, und ich habe ein gutes Gefühl, kann etwas lernen – dann nehme ich kein Geld. Beim Weingut am Stein bin ich fest angestellt.
Askitis: Ich werde für Moderationen gebucht, und zwar als der Typ, der ich bin. Die Leute wollen weg von der steifen Nummer. Ich gebe Masterclasses, auch für Weingüter. Die klassische Verkostung mache ich nicht – Tischdecke, Anzug, das können andere besser.
Text: Patrick P. Bauer