Zero Food Waste: Weniger verschwenden, mehr genießen
Der Großteil der Lebensmittelverschwendung entsteht im Privathaushalt – 78 Kilogramm pro Kopf, darunter auch Unvermeidliches wie Kaffeesatz oder Nussschalen. Rund die Hälfte des Essens wäre allerdings noch genießbar. Denn wir werfen den Rest vom Mittagessen, den „abgelaufenen“ Joghurt und die etwas zu braungewordene Banane weg. Wie aus Bananenschalen mit Hilfe neuartiger Verfahren eine köstliche Spirituose entstehen kann, beweist die Firma Discarded. Und so kann es auch Ihnen gelingen, weniger Lebensmittel wegzuwerfen:
1. Einkauf optimieren
Mehr Wertschätzung
Wir haben uns sehr daran gewöhnt, die Güte eines Apfels an seiner äußeren Makellosigkeit zu messen. Deswegen wird „hässliches“ Obst und Gemüse auch aussortiert, bevor es in die Märkte kommt. Dabei wissen wir doch genau, dass es geschmacklich keinen Unterschied macht, ob die Gurke gerade oder krumm ist – sie passt nur platzsparender in die Auslage.
Achten Sie bei Ihrem nächsten Einkauf mal darauf und wählen Sie nicht nur nach Optik. Manche Supermärkte bieten inzwischen „Rettertüten“ mit unperfektem Obst und Gemüse an, Start-ups wie Etepete schicken es in Bioqualität ins Haus. Und die App „Too good to go“ organisiert „Überraschungstüten“, die man sich bei teilnehmenden Märkten (und Restaurants) abholen kann.
Bessere Planung
Jeder kennt es, das Wochenende naht, man geht am Freitag noch schnell einkaufen, hier ein Sack Kartoffeln, die Heidelbeeren sehen aber gut aus, der Käse ist im Angebot … Vieles landet erfahrungsgemäß im Müll, weil wir zu viel und vor allem ungeplant einkaufen. Dabei spart gezieltes Einkaufen nicht nur Lebensmittel, sondern auch Zeit.
Wo ist der gute alte Einkaufszettel geblieben, wo die Wochenplanung? Nicht smart genug? Apps wie Bring! und stocky erstellen Einkaufslisten, behalten Vorräte im Blick und organisieren die Essensplanung. Übrigens: Gezieltes Einkaufen spart auch Verpackungsmüll, denn man greift eher zu losem Obst und Gemüse, wenn man weniger braucht.
Lebensmittelverschwendung verursacht zusätzliche CO₂-Emissionen
Insgesamt ist das Ernährungssystem für ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Denn bis das Essen in den Märkten und in unseren Küchen ankommt, hat es einen energetischen Marathon hinter sich, um es zu produzieren, zu verpacken und zu transportieren.
Etwa ein Drittel der Lebensmittel wird weggeworfen – das erzeugt acht bis zehn Prozent der menschengemachten Treibhausgasemissionen. Zum Vergleich: Der Flugverkehr ist „nur“ für 3,5 Prozent der Emissionen verantwortlich. Anders gesagt: Lebensmittelverschwendung ist weltweit, nach den USA und China, der drittgrößte Treibhausgasproduzent.
2. Lebensmittel richtig lagern
Frische Lebensmittel
Die Bananen sind schnell braun, die Tomaten schmecken nach nichts? Wissen Sie, dass beide gar nicht in den Kühlschrank gehören? Als Faustregel gilt: Schnell verderbliche Produkte kommen in den unteren Bereich des Kühlschranks, da es hier am kältesten ist. Im oberen Bereich fühlen sich Milchprodukte sowie zubereitete Speisen oder angebrochene Marmeladen am wohlsten.
Moderne Kühlschränke besitzen 0-Grad-Fächer, in denen Fleisch, Fisch, Gemüse und Obst ohne Vitalstoffverlust länger frisch bleiben. Es schadet nicht, sich noch einmal schlau zu machen, z. B. beim Bundeszentrum für Ernährung oder bei der Verbraucherzentrale. Da ist sicher der eine oder andere Augenöffner dabei.
Haltbare Lebensmittel
Pasta, Reis, Hülsenfrüchte verderben quasi nicht – weswegen sie gerne vergessen werden. Haben wir sie schön umgefüllt in Vorratsdosen, kennen wir auch das Haltbarkeitsdatum nicht. Also weg damit … Aber das müsste gar nicht sein! Zwei Tricks verschaffen Abhilfe: Organisieren Sie Ihre Vorräte übersichtlich, sodass Sie sie gut im Blick haben. Eine Liste innen an der Schranktür dient zusätzlich als Gedächtnisstütze.
Haltbarkeit allgemein
Enorm viele Lebensmittel landen im Müll aus Zweifel, ob sie noch gut oder gut genug sind.
Die etwas kraftlose Möhre mag als Rohkost kein Vergnügen sein, in die Suppe kann sie allemal. Auch das dauermissverstandene Mindesthaltbarkeitsdatum, das nicht deckungsgleich mit dem Verbrauchsdatum ist, verunsichert uns.
Es beschreibt einen vom Hersteller festgelegten Zeitpunkt, bis zu dem das Produkt in Farbe, Form, Geruch und Geschmack mindestens haltbar ist. Das heißt nicht, dass es am nächsten Tag verdorben ist. Im Zweifel ist auf die Sinne Verlass, ob etwa der Joghurt noch gut ist: Anschauen, riechen und kosten – das rät auch das Bundesamt für Verbraucherschutz. Anders ist es bei leicht verderblichen Lebensmitteln wie Fleisch oder Fisch, die nach Ablauf des Verbrauchsdatums nicht mehr verzehrt werden sollten.
3. Smarter Kochen
Im Haushalt werden am häufigsten Obst, Gemüse, Brot und Getränke weggeschmissen, außerdem zubereitete Speisen und „Abfall“ wie Gemüseschalen.
Gemüse & Co.
Für nicht mehr ganz so gutes Obst und Gemüse gibt es die Leftover-Küche: Zu reifes Obst ist reif für den Smoothie. Die Tomaten sind schrumpelig? Dann kann man sie im Ofen trocknen oder eine Suppe daraus kochen. Trockenes Brot macht sich prima als Croûtons oder im Brotsalat. Und es lässt sich wiederbeleben, und zwar ganz einfach mit Wasser:
Rundum mit einem Küchenpinsel üppig einpinseln, ganz harte Fälle auch gerne ein paar Sekunden in Wasser tauchen. Dann im vorgeheizten Backofen für 5 bis 8 Minuten bei 200 Grad aufbacken. Das Brot ist innen wieder weich und außen kross – versprochen.
Tipp: Reste vom Abendessen können tiefgefroren werden oder ergeben am nächsten Tag eine prima Lunch-Mahlzeit. Das Internet ist voll mit Rezeptideen fürs Zero Waste Cooking.
Speisereste sinnvoll verwerten und Abfall vermeiden
Gemüseschalen, Brokkolistiele oder die Karkasse vom Brathuhn kommen in die selbst gekochte Brühe, das machen auch Gourmetrestaurants so. Der britische Sternekoch Heston Blumenthal benutzt Kartoffelschalen als Geschmacksverstärker, in dem er mit ihnen die Milch fürs Püree aromatisiert. Gut gewaschen, mit etwas Öl und Gewürzen bepinselt und auf einem Backblech ausgebreitet, entstehen aus Kartoffelschalen im Ofen im Nu selbstgemachte Kartoffelchips. Lecker!
Kaffeesatz und Teereste sind übrigens hervorragende Blumendünger. Und auch Blattgrün von Möhren muss nicht verschwendet werden, daraus entsteht leckeres Pesto, aus Rote-Bete-Grün Salat und aus Blumenkohlblättern Gemüsechips. Auch hier bietet das Internet ein wahres Füllhorn an Ideen. Achten Sie aber darauf, dass es sich um Bioware handelt, denn in Blattgrün und -rippen konzentriert sich oftmals Schädliches wie Nitrate oder Pestizide.
Sie sehen, mit ein wenig Voraus- und Umsicht im Alltag lässt sich also viel verändern. Und vielleicht fordert es auch den passionierten Hobbykoch heraus, mal nur aus Vorräten, Resten oder schlappem Gemüse etwas zu zaubern: 100 Prozent Fine Dining – 0 Prozent Food Waste.