Interview mit Will Guidara
Feinschmecker: Sie haben ein Buch mit dem Titel „Unvernünftige Gastfreundschaft“ geschrieben. Was bedeutet das?
Will Guidara: Es bedeutet, dass wir uns darauf konzentrieren, den Menschen ein gutes Gefühl zu geben. Dass wir zuhören und uns in den Moment hineinversetzen, um daraus kreative Ideen zu entwickeln, die unseren Gästen ein unvergessliches Erlebnis bieten.
Ein Hotdog von einem Foodtruck, den Sie im „Eleven Madison Park“ serviert haben, gehört dazu ...
Ja, dieser Moment zeigt, wie mächtig unvernünftige Gastfreundschaft sein kann. Als ich einen Tisch abräumte, hörte ich, wie vier europäische Gäste erzählten, sie seien in allen Top-Restaurants der Stadt gewesen, hätten aber ein ikonisches Gericht verpasst: einen Hotdog. Also rannte ich raus, kaufte auf der Straße einen Zwei-Dollar-Hotdog und brachte ihn in die Küche.
Was sagte Daniel Humm?
Ich habe ihm gesagt, dass mir das wichtig ist. Er hat mir vertraut und den Hotdog in vier gleich große Stücke geschnitten, garniert und auf einem Teller angerichtet. Die vier waren außer sich. Sie waren so begeistert, dass sie die Geschichte weitererzählen werden. Darum geht es: besondere Erinnerungen zu schaffen.
Sie haben sogar eine eigene Abteilung für besondere Erlebnisse kreiert.
Ja, die Dreamweaver. Wir hatten eine eigene Werkstatt, mit der wir spontan Dinge möglich machen konnten, die man nicht im Restaurant erwarten würde.
Was zum Beispiel?
Ein Paar suchte bei uns Trost, nachdem ihr Urlaubsflug gestrichen wurde. Also brachten wir den Urlaub ins Restaurant, inklusive Sand auf dem Boden, Planschbecken und Daiquiris.
„Warum sollte der Service nicht kreativ werden, um das Erlebnis der Gäste zu verschönern?“
Wie konnten sie diesen Aufwand bewältigen?
Nicht alle Gäste hatten Sand unter ihren Füßen. Wir hatten einstudierte Aufmerksamkeiten und solche, die wir durch Recherche über unsere Gäste erfuhren. Ein Gast hatte einen Instagram-Kanal für Speck. Also bekam er von uns zum Abschied ein Speck-Müsli statt der klassischen Variante mit Kokos. Eine kleine Geste, die er sicherlich weitererzählt hat.
Ihr Team achtete auf jedes Detail, gleichzeitig systematisierten Sie die Unvernunft. Wie passt das zusammen?
Ich habe ein schönes Beispiel: Wir hatten oft Gäste, die ihre Verlobung feierten. Der Champagner ging natürlich aufs Haus, aber wir hatten einen Schrank voller Champagnergläser von Tiffany, die die Paare bekamen. Wenn sie am Tisch nicht bemerkt haben, dass es besondere Gläser waren, dann spätestens, als sie das Restaurant verließen. Dann haben wir ihnen die Gläser in einer schönen Verpackung überreicht – eine Erinnerung, die sie ein Leben lang begleiten wird.
Wie haben Sie es geschafft, dass jeder im Team darüber nachdenkt, den Tag eines Gastes zu verbessern?
Normalerweise ist die Küche für Kreativität zuständig. Das ist auch wichtig, aber warum sollte der Service nicht kreativ werden, um das Erlebnis der Gäste zu verschönern? Das war ein großer Ansporn für alle.
Bemerken Sie „unvernünftige Gastfreundschaft“, wenn Sie essen gehen?
In einigen Restaurants sehe ich, dass sie Dinge tun, die ich in meinem Buch beschreibe, und das freut mich sehr. Es macht mir besonders viel Spaß, wenn sie nicht wissen, wer ich bin, und ich die positiven Reaktionen der Gäste und des Personals erlebe.
Das Buch „Unvernünftige Gastfreundschaft“ von Will Guidara ist eine Anleitung für guten Service – unterhaltsam und voller Anekdoten aus einem weltberühmten Restaurant. 352 Seiten, € 28, ZS