Die besten Restaurants der Hafenstadt Valencia
Das Menü bei Ricard Camarena beginnt mit ein paar Häppchen im postindustriellen Ambiente der Bar – und mit einer Grundsatzerklärung. Kaum haben die Gäste auf den blauen Polstern Platz genommen und den ersten Schluck Cava getrunken, wird ihnen ein überdimensionales Einmachglas präsentiert: Sardellen in Salzlake. Sechs Jahre reifen sie zu hochkonzentrierter Aromatik. Eine Kostprobe wird zu ofenwarmem Brot als Amuse-Bouche gereicht. Der wahre Schatz aber steckt in der intensiv riechenden braunen Sauce, die im Reifeprozess entstand – man nennt sie in Valencia Salumera. „Sie ist mein Salz“, erklärt Camarena. Kein Körnchen des üblichen Würzmittels verwende er in der Küche, sondern ausschließlich die Sauce, die dem Garum der alten Römer ähnelt. „Für mich das Umami des Meeres“, so der Chef.
Wie kein anderer Koch der Stadt feiert Camarena seine Heimatregion: „Alle Zivilisationen haben hier ihre Spuren hinterlassen“, sagt er, „Griechen, Römer und Araber. Unsere Küche spiegelt all diese Einflüsse wider.“ Sein Restaurant liegt im Kulturzentrum „Bombas Gens“, einer ehemaligen Pumpenfabrik im Art-déco-Stil der 1930er-Jahre. Im großzügigen Speisesaal werden die freigelegten Backsteine an den Wänden durch warmes Walnussholz, weiß gedeckte Tische und die offene Showküche konterkariert. Hier zelebriert der 47-Jährige ein Menü, das den kulinarischen Schätzen der drittgrößten spanischen Stadt huldigt: Sie ist von artenreichem Meer und fruchtbarem Grün umgeben. Gemüse und Fisch triumphieren in Camarenas Küche, man bemerkt kaum, dass Fleisch fehlt angesichts des Feuerwerks an Aromen und Produkten, das er zündet.
Kochkunst und Kultur
Das fruchtbare Land
"Riff" in Valencia
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Die Wiege der Paella
Hommage an das Territorio
Heimat- und Hochküche
Eine einzige Schatzkammer
„La Sucursal“ in Valencia
Beeindruckend ist das Veles-events-Gebäude direkt am Hafen. im obersten Stock befindet sich das „La Sucursal“, in dem die Küche vom erst 23-jährigen Top-Talent Fran Espí geführt wird. Die Nähe zum Meer drückt sich nicht nur durch die Lage, sondern auch in den verwendeten Produkten aus: viel Fisch und Meeresfrüchte.
Die nächste Generation
Den ultrafrischen Fisch nimmt er im Restaurant sofort aus und lässt ihn bis zu vier, fünf Tage reifen, damit sich das volle Geschmacksbild ausprägt: Sein Rochenflügel mit grünen Oliven und Pistazien ist beste Fischküche, eine ordentliche Prise Kümmel in der Sauce bringt den besonderen Kick. Wenn Knöller selbst essen geht, dann reizen ihn vor allem die jungen Talente der Stadt. Zu seinen Lieblingsadressen zählen derzeit das „Yarza“ im Viertel Cánovas, „Gallina Negra“ in der Altstadt und „Dos Estancias“ im trendigen Ruzafa-Viertel, wo der langjährige Souschef von Camarena mit seiner Lebensgefährtin kocht.
Die Energie der Stadt fördert junge Talente. Erst 23 Jahre alt ist Fran Espí, der seit Herbst die Küche des „La Sucursal“ im obersten Stock des ultramodernen Velese-vents-Gebäudes am Hafen führt. Der symbolträchtige Bau, eigens für den America’s Cup errichtet, steht für die Orientierung Valencias zum Meer hin. Aus dem Restaurant hat man einen Rundumblick über den Hafen und die Stadtstrände. Passend dazu zelebriert Espí, der trotz seiner jungen Jahre schon einige der kreativsten Adressen des Landes Disfrutar in Barcelona und Paco Morales‘ „Noor“ in Córdoba) zu seiner Vita zählt, die Früchte des Meeres: Gambas baden in andalusischer Gazpachuelo-Sauce auf Basis von weißem Knoblauch mit Mandelstaub, bildschön angerichtet ist butterzarter Calamar im kühlen Escabeche-Sud mit Roter Bete und Cumin.
Starke Frauen, große Küche
Auch im „Alma del Temple“, eines der besten Restaurants in Valencia, im Boutiquehotel „Caro“ im Herzen der Altstadt, steht hinter jahrhundertealten Mauern begabter Nachwuchs am Herd. Sara Olmedo weiß, was sie will: „Ich liebe unsere Tradition und paare sie mit neuen Küchentechniken.“ Zum Beispiel den Suquet de peix, den an der Küste beliebten Fischeintopf. Die 30-Jährige bereitet die Rotbarbe nicht im Topf zu, sondern a la plancha (auf dem Grill). Der Fischsud, für den sie auch Nüsse, Mandeln, getrocknete Früchte und Aïoli verwendet, wird am Tisch angegossen. Sympathischer Zug: Wer keine Lust auf ein großes Menü hat, nimmt ein paar Vorspeisen im Tapas-Stil – hier lässt man dem Gast die Wahl.
Zu Olmedos Vorbildern zählt Begoña Rodrigo, die mit ihrem „La Salita“ in der gastronomischen Spitze Valencias heute da ist, wo sie immer hin wollte. Und das durchaus auch im räumlichen Sinne. Das imposante Herrschaftshaus aus dem 18. Jahrhundert im Ruzafa-Viertel lag jahrelang auf ihrem Weg zur Arbeit, und jeden Morgen sagte sie sich: „Eines Tages werde ich mit meinem Restaurant hier einziehen.“ Im Sommer 2020 erfüllte sich ihr Traum, sie ließ die historischen Kachelböden restaurieren, richtete ihre offene Küche im Erdgeschoss ein und drei stilvolle Salons im ersten Stock; im sonnenverwöhnten Valencia kann sie schon im Frühjahr im großen Innenhof servieren.
"La Salita"
Ein Traum ging für Begoña Rodrigo in Erfüllung, als sie 2020 das „La Salita“ in einem alten Herrschaftshaus aus dem 18. Jahrhundert eröffnete. In dem stilvollen Restaurant mit offener Küche kocht sie elegant und mit einem Fokus auf Gemüse und Zutaten aus ihrer Heimat Valencia: etwa eine Neuinterpretation des regionalen Gemüseintopfes.
Perfekte Hommage an La huerta
Rodrigo, die nach einem Ingenieursstudium mit Anfang Zwanzig in Amsterdam über einen Aushilfsjob die Küche für sich entdeckte, entwickelte seither einen sehr persönlichen Stil, leicht, elegant und mit klarem Fokus auf den Produkten ihrer Heimatstadt, allen voran dem Gemüse. Ihre Menestra verde ist eine feingliedrig gearbeitete Interpretation des typischen Gemüseeintopfs der Region, der bei ihr zu einer Art Salat aus Fenchel, Artischocke, Blumenkohl und Brokkoli wird. Das in feine Streifen geschnittene Gemüse blanchiert sie sekunden-kurz, so dass es noch Biss hat, richtet es mit einer jodigzitrischen Sauce an und garniert es mit Strandgewächsen sowie marinierten Jakobs-, Herz -und Entenmuscheln. Ein aufwendig gearbeitetes Pinzettenkunstwerk in einem der besten Restaurants in Valencia, das Meer und Garten zusammenbringt.
Selbst der oft etwas penetrante Sellerie gewinnt unter Rodrigos Händen an Eleganz: Sie serviert ihn als eine Art Tarte Tatin ohne Teig, dafür flankiert von roh gehobelten Steinpilzen, umspielt vom Schmelz einer Foiegras-Sauce. Eine köstliche Paarung, aber die Chefin ist noch nicht zufrieden damit. Sie tüftelt an einer Version, in der die Gänseleber durch Kastanie ersetzt werden soll: „Mein Traum ist es, ein reines Gemüsemenü zu servieren, ohne dass geschmacklich oder vom Nährwert etwas fehlt. Das wäre die perfekte Hommage an La huerta.“