München: Lässige Bistros & Lokale
Diese Folge unserer Favoriten für modernes Casual Dining führt nach München. Zehn Empfehlungen zeigen: Wer in der bayerischen Hauptstadt entspannt essen möchte, hat viele attraktive Möglichkeiten. – von Ulf Sundermann
Brasserie Colette Tim Raue
Tim Raue steht hier zwar nicht persönlich am Pass, aber das macht nichts. Als Schöpfer zahlreicher Konzepte in Berlin und anderswo beweist er sein Talent, die richtigen Leute vor Ort zu binden, auch im Münchner Glockenbachviertel: Stets fröhlich ist die Begrüßung, höchst unterhaltsam die Brasserie-Küche. Da das „Colette“-Team angenehm leicht kocht, bleibt immer Raum für ein Dessert.
Der Dantler
Im Jahr 2012 war die Eröffnung des „Upper Eat Side“ Startschuss für Obergiesings kulinarischen Aufstieg. Inzwischen nennt sich das Lokal in der Werinherstraße „Der Dantler“ und ist zugleich Bistro, Weinhandel und Delikatessengeschäft, kurz: ein „Bayerisch Deli“. Mittags gibt es günstige Pausenküche, abends kleine Tellerchen voll saftiger Leckereien. Wer Fleisch liebt, kommt am besten als Paar und lässt sich das Entrecote für zwei braten. Eine Wucht dazu sind die günstig kalkulierten Spätburgunder aus Deutschland und Österreich, für Biertrinker gibt’s Obergäriges von „Orca Brau“ aus Nürnberg.
Walter & Benjamin
In der gleichen Straße wie das „Xaver‘s“ sorgt Viktor Gerhardinger dafür, dass man bei der Hausnummer 1 auf stetig steigendem Niveau isst. Der charakterstarken Weinauswahl von Walter Zimmermann stellt er eine ebenso originelle Küche zur Seite. Dazu wird im Restaurant der Charme bewusster Beiläufigkeit gepflegt: Man sitzt, als hätte jemand Tisch und Stuhl spontan aus dem Keller geholt, der Service ist entspannt, aber bestens organisiert.
Brasserie Bavarie
Seit Januar kocht Dominik Kreuzig in der Beletage der BMW-Welt, über ihm serviert Bobby Bräuer die Luxusversion. Kreuzigs Küche bietet klassische Brasserie-Gerichte. Unter der Woche kommen dafür auch die Oberen der Motorenwerke gern zu Tisch. Am Wochenende ist das „Bavarie“ ideal für Familien mit erkundungsfrohem Nachwuchs: Während Mama und Papa noch bei Kalbsbries, Blutwurst und Bœuf bourguignon sitzen, können sich die Kinder im Erdgeschoss gut überwacht müde staunen.
Broeding
Vorab ein Tipp: Kommen Sie direkt um 18 Uhr zum entspannten „Vorabendmenü“ in das Restaurant mit Weinhandlung im vornehmen Viertel Neuhausen! Innerhalb von zwei Stunden serviert das Lokal mit dem prägnanten Blockstreifen-Design drei Gänge für unter fünfzig Euro. Danach ziehen im Stammbeisl der Münchner Toskana-Fraktion Stimmung und Preise an. Manuel Reheis‘ Menü wechselt alle zwei Wochen und bietet eine italienisch-österreichisch inspirierte Mixtur. Sehr viel Spaß macht außerdem alles, was Chef Gottfried Wallisch und Sommelière Julia Pleintinger ins Glas geben: Neben Spitzenweinen aus Franken und Österreich wird auch eine feine alkoholfreie Begleitung geboten.
Hippocampus
Das strenge Ambiente aus dunklem Holz, Liberty-Leuchten und gelbem Marmor aus der Provinz Siena ist das Gegengewicht zur Stimmung im Gastraum: Sergio Artiaco begrüßt in der Mühlbaurstraße 5 alle per Handschlag, Gelegenheitsgäste kennt er auch nach Jahren noch. Chefkoch Mimmo Ruggiero bleibt seiner klassischen Küche treu. Auch abends dominiert italienischer Purismus, Polenta-Tortelli und geschmorte Kalbsbäckchen gehören zu den Favoriten. Dass Mitarbeiter unverdrossen Bleche, Flaschen und Kanister quer durchs Lokal in den Kühlkeller tragen, macht die Atmosphäre noch familiärer.
Pure Wine and Food
In dem Ecklokal nah dem Alten Nordfriedhof dominieren braun-graue Töne, dazwischen blitzt etwas Grün auf. Auf die blanken Tischplatten kommen mediterran geprägte Saisongerichte. Zu jedem Gang kann Patrick Fischbacher zwei, drei offene Weine empfehlen, die er auch gern probieren lässt. Wer einen besonders mag, kann zum Handelspreis eine Flasche mitnehmen. Kleines, gut gepflegtes Käsebrett. Besonders angenehm ist die Stimmung im Sommer auf der großen Terrasse.
Weinhaus Neuner
Original Tiroler Gewölbebögen, neugotische Wandtäfelung, dazwischen die Altmünchner Blechmalereien von Sigmund Eggert: In der Herzogspitalstraße 8 hat der Münchner Historismus alle Kriege und Modernisierungswellen überstanden. Fabrice Kieffer („Les Deux“) und seine Kompagnons führen das Lokal als Wirtschaft in großbürgerlicher Tradition. Bayerisch-österreichisch ist die Karte. Die rund 250 Positionen der Weinkarte sind preislich breit und stilistisch eher klassisch aufgestellt.
L'Adresse 37
Die besten Plätze liegen am Eingang, vis-à-vis der offenen Showküche: „Mach weniger Salat, das ist eine Vorspeise, kein Garten!“, neckt der Besitzer Loïc Cantegrel seinen neuen Beikoch. Dann pfeift er weiter zu den Nouvelles Chansons von Zaz und flirtet über den Pass mit den Damen am Nachbartisch. Wie nebenbei kocht er unkompliziert-kräutrige Bistrogerichte. Das Lokal im aufstrebenden Westend hat eine grüne, ruhige Hofterrasse. Beim Weinangebot kennt der Spaß allerdings klare Grenzen.
Xaver's
Was wäre München ohne Wirtshäuser? Seit vorigem Jahr führen Theresa, Jakob und Xaver Portenlänger den aufgeputzten „Alten Wirt“ in vierter Generation. Warm und laut ist es in dem nicht weit vom Viktualienmarkt entfernten Lokal in der Rumfortstraße, durch Andrang und Enge entstehen schnell Tischgemeinschaften. Gemeinsam isst man Klassiker wie saftigen Bioschweinsbraten mit Knödel und Blaukraut, Kalbsleber mit Äpfeln und Röstzwiebeln oder „Dreierlei Geschmiertes“ (Erdapfelkas, Obazda, Schmalz) auf Nussbrot der Biobäckerei „BrotZeit“. Das Bier kommt von „Augustiner-Bräu“, der Wein vorrangig aus biologischem Anbau.