Oliveiras Küche ist mutig und modern – die Teller sind aromatische Landkarten des Südens: Die Holzmakrele legt er in Kapernwasser und bedeckt sie mit frittierten Kapern und Anchovis, ein Gel von grünen Oliven bringt Jod und Salz, und alles zusammen ist eine Wucht des Meeres. Das Dessert schmückt ein Oktopus aus Schokolade, die dunklen Sorbets spielen mit Kälte und Schmelz, ein Wow-Effekt, ohne einen Zuckerschock zu erzeugen. Oliveira ist kein bescheidener Mann, er sagt ganz unumwunden, dass er der größte Koch Portugals werden will.
Zwei Schritte zum Meer
Dann ist da noch ein Kleinod, ohne das ein Algarve-Urlaub nicht vollständig wäre: Verlässt man Faro auf der Schnellstraße und durchquert Almancil, werden die Häuser kleiner, bis irgendwann nur noch Pinien und Palmen die kurvenreiche Straße säumen. Zu guter Letzt ist da eine Strandlandschaft, die an Sylt denken lässt, an ein sehr warmes Sylt freilich. Und dann ist dieser Pavillon genau auf der Düne, ein Werk architektonischer Kühnheit, auf hölzernen Pfählen in den Sand gebaut, obenauf eine Dachterrasse, darunter der Saal, eine einzige Fensterfront zum türkisfarbenen Atlantik.
Das „
2Passos“-Restaurant an der Algarve ist tatsächlich namensgebend nur zwei Schritte vom Meer entfernt – und so ist hier auch alles auf die Köstlichkeiten ausgerichtet, die die Fischer allmorgendlich anlanden oder jene, die es einen Steinwurf entfernt in der Markthalle von Quarteira zu kaufen gibt. In der Küche stehen ausschließlich Frauen aus den Dörfern ringsum, es ist ein heiteres Stimmgewirr im hektischen Mittagsservice und die herrliche Litanei des Südens, weil jede für sich ihre Art hat, die Fische und Meeresfrüchte zuzubereiten – das Ergebnis aber ist schlicht umwerfend.
Das macht den Unterschied zu Touristenfallen
Schon bei den Salaten, pur und unprätentiös kommen Tomaten mit Zwiebeln, Thunfisch und herrlich grüne Fava-Bohnen auf den Tisch, die allesamt so frisch und geschmackvoll sind, dass auf einmal das Essen dem paradiesischen Ausblick doch ebenbürtig wird. Die kleinen Tintenfische sind leicht angebräunt, die Röstnoten werden unterstützt durch Zwiebeln, Knoblauch, Lorbeer und gleichzeitig abgemildert durch reichlich Petersilie, es ist so herzhaft und voll, dieses Gericht, dass die Gäste noch aus Lissabon deshalb herströmen. Die riesigen Tiger Prawns teilen die Damen erst und grillen sie dann, so bleiben der Sud und das Salz in dem Fleisch. Es ist ein pures Vergnügen, die Qualität ist fest und zart zugleich, die buttrige Würze macht auch hier den Unterschied zu Touristenfallen in der Umgebung. Am Mittag glüht der Grill in einem offenen Nebenraum des Restaurants, die Fische werden der Reihe nach auf Holzkohle bereitet, Wolfsbarsch, Doraden, Seezungen. Die Schwester von Patron Joaquim Coelho führt das Familienweingut
João Clara, dessen fruchtige und leichte Weiße und Rosés perfekt zu den Freuden aus dem Meer an der Algarve passen.
Voller Bauch, fröhliches Gesicht
So ist hier an der Algarve alles wie bei einem gelungenen Tetris-Spiel, die Formen und Produkte passen ineinander – und sie sind sich selbst genug. Weil diese Region am südlichen Ende Europas sehr lange in typisch portugiesischer Melancholie dachte, eben nicht gut genug zu sein – zu bäuerlich, zu einfach, zu weit weg –, bis ihnen dann zwei Österreicher zeigten, dass es sehr wohl reicht hier, mehr als genug sogar. Denn was besonders auffällt an dieser Küste: Es ist alles sehr einfach, es gibt kaum Konventionen, und es gibt ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, was vor allem zu sehr heiteren Gästen führt. Vom Essen ganz zu schweigen. Nicht umsonst heißt ein sehr geläufiges portugiesisches Bonmot: „Barriga cheia, cara alegre“ – „Voller Bauch, fröhliches Gesicht.“