Erst kurz vor der Weinlese war der Umzug ins neue Domizil geschafft. Jetzt empfängt die Winzerin Emmanuelle Schoch ihre Besucher in einem alten Gutshof im schlichten Stil der Cevennen in Massillargues-Attuech bei Anduze im Tal des Gardon. Solche Höfe heißen im französischen Süden „Mas“ und deshalb trägt Schochs Weingut den Namen
Mas Seren.
Die flachen Weingärten ringsum gehören nicht zu ihrem Besitz. Denn Schochs Reben befinden sich etwa zwanzig Kilometer entfernt auf 300 Meter Höhe direkt im Cevennen-Nationalpark, der auch als „Sternenpark“ unter Hobbyastronomen bekannt ist. Madame Emmanuelle liebt den nächtlichen Himmel ihrer Heimat und hat ihre Weine – Cuvées von höchstens zwei Rebsorten – deshalb nach Sternen und Sternsystemen benannt. So ist „Etamin“ etwa eine frische, dennoch recht körperreiche Komposition aus Roussanne und Grenache Blanc, den weißen Traditionssorten des Südens. „Lilith“ hingegen kommt als seidige, harmonisch schmeckende Cuvée von Grenache und Cinsault ins Glas.
Der Charakter des Terroirs
Die Ausläufer der Cevennen und der Ardèche-Berge, der südlichste Teil des französischen Zentralmassivs, sind bekannt für ihre Abgeschiedenheit. Der Trubel des industrialisierten Rhônetals und die hohen Preise für landwirtschaftliche Flächen sind hier weit weg. Schon immer galt die Gegend als idealer Ort für Um- und Aussteiger. Unter ihnen finden sich auch viele Weinmacher so wie Emmanuelle Schoch, die aus einer Lyoneser Familie stammt, aber keine Lust aufs Stadtleben hatte. Nach 15 Jahren als önologische Beraterin gründete sie im Jahr 2009 ihre eigene Domäne, und zwar hier in diesem versteckten Tal. Wie viele Neugründer der Region hat auch sie sich konsequent dem Ökoweinbau verschrieben. Sie setzt nicht nur auf eine besonders schonende, technikarme Weinbereitung. Sondern auch auf den Einsatz eines Arbeitspferdes, um ihre Böden zu schonen. Von allem, was den Charakter des Terroirs verfälschen könnte, will sie nichts wissen. „Man muss die Steine herausschmecken“, sagt Schoch.
Kieselsteine für zunehmend wuchtigere Weine
Von den Steinen gibt es in den Cevennen wahrlich genug. Sie zwingen die Reben dazu, tief zu wurzeln. Die Weine von Mas Seren erhalten dadurch eine unverkennbare Textur: griffig, straff, charaktervoll. Neben Terroir ist „Fraîcheur“ das Zauberwort vieler Winzer in den Departements Ardèche, Gard und Vaucluse. Sie reagieren damit auf die steigende Nachfrage nach filigranen und fruchtbetonten Weinen, die moderat im Alkohol, mit wahrnehmbarer Säure und nicht überextrahiert ins Glas kommen. Sie sollen durch ihre Feinheit überzeugen. In Zeiten des Klimawandels erfordert dieser Typus nicht nur eine besonders sorgfältige Arbeit in Weinberg und Keller, sondern auch ein Umdenken bei Rebsorten und Weinlagen. Denn je wärmer es wird, desto schwieriger wird es, diesen Stil zu erzielen. In sehr heißen Rhône-Appellationen wie Châteauneuf-du-Pape geben die Kieselsteine auch nachts ihre Wärme ab und sorgen für zunehmend wuchtigere Weine. Deswegen treibt es immer mehr Winzer in hohe, oft extrem karge Lagen. Dort kann es im Sommer zwar tagsüber auch sehr heiß werden, doch es kühlt nachts ab, wenn die Winde von den Bergen ins Tal wehen. Das erhält die Säure in den Beeren und damit die späteren Weine frisch. Auch die Tradition der Assemblage unterschiedlichster Rebsorten erweist sich als Vorteil, wenn es gilt, ausgewogene Weine zu produzieren und unterschiedliche Reifegrade elegant auszutarieren.