Take 5: Cornelia Fischer
Cornelia Fischer, 37, vom Restaurant Weinstock im fränkischen Volkach präsentiert hier und in den nächsten beiden Ausgaben kreative Gerichte mit fünf Zutaten. Los geht es mit Forelle
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Markus Bassler, The Food Eye
Interview mit Cornelia Fischer
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Markus Bassler, The Food Eye
„Junge Spitzenköchin ist zurück in Franken“
So jubelte der Bayerische Rundfunk vor einem Jahr. Tatsächlich sind Sie nach Stationen bei Christian Jürgens am Tegernsee und Andreas Caminada in der Schweiz jetzt in der Heimat.
Wie kommt’s?
Ich bin ein sehr heimatverbundener Mensch und kehre hier zu meinen Wurzeln zurück. Ich habe freie Hand, baue viel neu auf, meine Gäste sollen spüren, dass jemand mit viel Herzblut hinter der Regionalküche steht.
Eigentlich haben Sie aber Hotelfachfrau gelernt …
Im Hotel, in dem ich gelernt habe, war der Küchenstil fränkisch, klassisch, gutbürgerlich. Das ist alles andere als schlecht. Aber diese Art zu kochen hat mir nicht gefallen.
Was hat Ihren Sinneswandel bewirkt?
Im Lauf der Zeit stellte ich fest, dass es auch andere Arten von Kochen, Zubereiten, Anrichten gibt. So kam es zur Kochausbildung, die ich 2008 begonnen habe. Heute bereue ich meine Entscheidung für die Küche nicht: Jeder Tag ist anders, kein Fisch gleicht dem anderen, der kreative Umgang mit Lebensmitteln ist ein wunderschöner Prozess. Ich freue mich zwar, wenn Gäste sagen: „Das Gericht ist viel zu schade zum Essen.“ Aber ich wünsche mir, dass sie vom Geschmack mindestens genauso begeistert sind.
Ein Gericht ist wahrscheinlich das einzige Kunstwerk, das man zerstören muss, um es zu begreifen und zu genießen.
Ja, die Vergänglichkeit ist Teil des Genusses. Wir arbeiten jeden Tag dafür, dass unsere Gäste bei uns vom Alltag abschalten.
Viele Köche sind geprägt von kulinarischen Kindheitserinnerungen. Sie auch?
Allerdings, jeden Abend hat die Mama gekocht, wenn der Papa nach Hause kam, wir haben mit der ganzen Familie gemeinsam gegessen. Wir hatten einen Hof mit Schweinezucht und Ackerbau, ich und meine Geschwister mussten mit ran, Heu machen, Stroh pressen, Getreide ernten. Ich weiß auch, wie aufwendig es ist, eine Möhre auszusäen. An all das kann ich jetzt anknüpfen.
Sie sind seit einem Jahr Küchenchefin. Gibt es schon eine Art Signature Dish?
Dafür ist es noch zu früh, meine Teller richte ich aber gern schlicht und elegant an, ich überlade auf keinen Fall mit vielen Komponenten, das Produkt steht im Vordergrund. Was mein Herz persönlich höher schlagen lässt, sind Innereien in sämtlichen Variationen: Kalbsbries mit Volkacher weißem Spargel oder Kalbsherz im Green Egg gesmoked mit Beurre rouge, also mit Rotwein und Essig abgelöscht.
Oha, Innereien, das ist selten …
Ich finde sie faszinierend, vor allem geschmacklich. Schon als Kind war es für mich normal, dass ein Rind geschlachtet und dann alles verarbeitet und gegessen wurde, von der Leber bis zur Zunge. Wenn es schnell gehen muss, mache ich mir auch gern Kalbsleber mit Kartoffelpüree und Apfel, ganz klassisch. Aber auch Sauerteigbrot mit kalter Butter, fein geschnittenem Schnittlauch, einem Pfefferbeißer und einem Stück gereiften Ziegenkäse dazu ist in geselliger Runde unschlagbar.
Was ist Ihnen sonst noch wichtig in puncto Nachhaltigkeit?
Ich versuche, auf Vakuumbeutel zu verzichten, wo es die Lebensmittelqualität nicht beeinträchtigt. Mit Einverständnis meiner Chefin durfte ich 1000 Einkochgläser kaufen, die ich für alle Fonds, Saucen und Früchte von den eigenen Streuobstwiesen nutze. Die Menge an Vakuumbeuteln in der Gastronomie ist enorm! Und somit auch der Plastikmüll. Auf Stopfleber verzichte ich auch – das ist geschmacklich zwar sensationell, aber heute nicht mehr zeitgemäß.
Sie sind als Chefin ja auch mit dem Thema Personalmangel konfrontiert. Was muss sich ändern, damit der Nachwuchs wieder Lust auf den Beruf bekommt?
Als Chefin muss ich Kompromisse eingehen und vieles neu denken. Ich habe etwa einen Konditor eingestellt, der zuvor noch nie im Restaurant gearbeitet hat. Wir müssen uns um flexible Arbeitszeiten bemühen, auch Lösungen finden, wenn jemand partout nicht abends arbeiten möchte. Wichtig ist: Die Motivation, der Spaß an der Arbeit darf nie verloren gehen, eben so wenig das respektvolle Miteinander. Wir hören tagsüber Musik in der Küche und treffen uns einmal im Monat zum Stammtisch.
Und in der Freizeit erholen Sie sich bei Squash oder Schach.
Beides ist herausfordernd, körperlich wie intellektuell, und beides ist auch in meinem Beruf gefordert. Es tut gut, sich die Bälle um die Ohren zu hauen, und Schach erinnert mich an den Tagesablauf am Herd: Man muss drei Züge im Voraus planen und weiß doch nie, was demnächst passiert.
Das klingt sehr rational. Was ist denn Ihr „Guilty Pleasure“?
Mein Butterkonsum ist viel zu hoch, aber dafür spiele ich eine Runde mehr Squash.
Weintipp von Sommelier Jan Pislcajt
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Markus Bassler
2019 Volkacher Sylvaner „Urtyp“
www.schwane-weingut.de, € 14
Dezente Fruchtaromen von reifem Kernobst, von frisch gemähtem Heu im Sommer und ein Hauch von Karamellbonbon in der Nase. Viel Trinkfluss und geschmeidig. Mit der warmen Cremigkeit ist dieser Silvaner ein idealer Begleiter von würzigen Fischgerichten.
Weinstock im Hotel Zur Schwane
Hauptstr. 12
97332 Volkach
Tel. 09381-806 60
Mo, Di, Fr-So abends geöffnet
Hauptgerichte € 34-49