Nahe an der Perfektion: Dönnhoff!
Rieslinge aus dem Hause Dönnhoff haben es ab den späten 1990ern zu Weltruhm gebracht. Cornelius Dönnhoff übernahm 2007 gut ausgebildet die Regie im Keller, sein Vater Helmut überschrieb ihm 2015 alles. Ein Generationenwechsel ganz ohne Getöse. Und die Erfolgsgeschichte geht weiter.
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Peter Bender
Winzergespräch mit Cornelius und Helmut Dönnhoff
FEINSCHMECKER: Cornelius, wie würdest du euren Parade-Riesling, die Niederhäuser Hermannshöhle, beschreiben: Was schmeckt und riecht man da?
Cornelius Dönnhoff: Ich würde nie, nie jemandem sagen, was man da riecht und schmeckt. Das muss jeder für sich klären.
FEINSCHMECKER: Und woran erkennst du bei einer Blindprobe, dass du einen Riesling von der Hermannshöhle im Glas hast?
Cornelius Dönnhoff: Na, den erkenne ich daran, dass er so schmeckt, wie er schmeckt.
FEINSCHMECKER: Aha. Euer Weingut bewirtschaftet heute 30 Hektar Reben. Hast du einen Lieblings-Weinberg?
Cornelius Dönnhoff: Da gibt es so viele, und jeder hat seine Reize. Hier einen besonders tollen Ausblick, da schöne alte Rebstöcke oder ein richtig steiler Hang. Aber es gibt einen Wingert, der noch nicht mal einen Lagennamen hat, der Ertrag geht in unseren einfachen Gutswein. Ich war dabei, als er gepflanzt wurde, da war ich wohl fünf oder sechs Jahre alt. Es gibt noch Fotos, die zeigen, wie ich dort während der Arbeiten im Matsch gespielt habe. Diesen Weinberg mag ich bis heute besonders.
FEINSCHMECKER: Die Dönnhoffs sind in Oberhausen an der Nahe verbrieft seit mindestens 1761 zu Hause. Was bedeutet dir persönlich diese 250-jährige Tradition?
Cornelius Dönnhoff: Tradition kann manchmal etwas Hinderliches sein, das neue Wege versperrt. Aber für mich ist es schön, diese Familiengeschichte im Rücken zu haben. Auch wenn ich nicht jeden Tag daran denke: Das Gefühl dafür, dass unsere Tradition etwas Besonderes ist, habe ich schon.
FEINSCHMECKER: Zumal es eure Rieslinge in diesem Jahrhundert zu Weltruhm gebracht haben …
Cornelius Dönnhoff: Ja, also ob das von Anfang an so gedacht war, weiß ich ja nicht.
FEINSCHMECKER: Dein Vater Helmut Dönnhoff hat dir 2015 das Weingut überschrieben. Wie fühlt sich das an, wenn man sein Nachfolger wird? Wirft er einen langen Schatten?
Cornelius Dönnhoff: Ach, das ist doch eher so eine Sichtweise von Außenstehenden. In erster Linie ist Helmut Dönnhoff nun mal mein Vadder. Und ich habe hier inzwischen schon 15 Jahrgänge verantwortet, bin kein Anfänger mehr.
FEINSCHMECKER: Sehr richtig. Viele Preise, die die Dönnhoff-Weine in den letzten fünfzehn Jahren im In- und Ausland bekommen haben – darunter der deutsche „Riesling Cup“ des FEINSCHMECKERS, den ihr bislang vier Mal abgeräumt habt –, gehen bereits auf dich als Kellermeister zurück.
Cornelius Dönnhoff: Ja. Aber immer noch kommen zu uns mal Leute, die den Chef sprechen wollen und meinen Vater meinen, der seit fünf, sechs Jahren nicht mehr aktiv im Betrieb ist. Ich freue mich natürlich über Anerkennung und Auszeichnungen, wie auch nicht? Aber ich bin nicht Winzer geworden, um ständig in der Öffentlichkeit zu stehen, ich bleibe lieber im Hintergrund. Insofern war ich froh, dass mein Vater mich ein bisschen abgeschirmt hat und ich in Ruhe arbeiten konnte.
FEINSCHMECKER: Ihr beiden streitet ganz gern, oder?
Cornelius Dönnhoff: Och, ja. Ich bin keiner, der ja und Amen sagt. Eigentlich streiten wir über alles, und das jeden Tag. Wir haben beide unseren eigenen Kopf. Ich höre mir seine Vorschläge an, das heißt aber noch nicht, dass ich ihnen auch folge. Das, denke ich mir, ist für Väter wahrscheinlich manchmal schon schwierig.
FEINSCHMECKER: Was für ein Bild hast du von deinem Vater, wenn du an deine Jahre als Kind und Jugendlicher denkst?
Cornelius Dönnhoff: Hm … (überlegt). Er war eine normale Vaterfigur. Eine, die aber ständig bei der Arbeit war. Sein Hauptaugenmerk lag eigentlich immer auf dem Betrieb, nicht so sehr auf der Familie. Bei den Freunden war der Vater zwischen 17 und 18 Uhr zu Hause und am Wochenende und für Urlaubsreisen verfügbar für die Kinder. Bei uns habe ich immer nur die ganze Arbeit gesehen – und sogar mein Geburtstag im September ging irgendwie immer in dem ganzen Erntetrubel unter. Ich wollte auf keinen Fall Winzer werden …
FEINSCHMECKER: Und dann?
Cornelius Dönnhoff: Nach der Schule, mit 18, musste ja irgendwas passieren, womit ich mal Geld verdienen konnte. Warum also nicht doch erst mal eine Winzerlehre machen? Ich konnte bei Joachim Heger in Baden am Kaiserstuhl anfangen, wo übrigens damals auch der Nachbarssohn Fritzi Keller aus Oberbergen und Meike Näkel von der Ahr gelernt haben. Das war ein gutes Team. Und in dem Alter ist man ja auch froh, sich zu verselbstständigen, endlich weg von zu Hause. Aus dem geplanten Jahr dort sind dreieinhalb geworden, und ich habe in der Zeit den Winzerberuf wirklich schätzen gelernt.
FEINSCHMECKER: Was war die Erkenntnis?
Cornelius Dönnhoff: Irgendwann hat es „klick“ gemacht – und mir wurden die gesamten Zusammenhänge in Weinberg und Weinkeller plötzlich klarer, dazu diese ganze Vielseitigkeit: Natur, Kellerwirtschaft, aber auch hinter den Kulissen die Themen wie Vertrieb und Marketing. Da haben sich Türen geöffnet mit Blick in eine Zukunft, die ich mir dann doch sehr gut vorstellen konnte.
FEINSCHMECKER: Was ist denn heute dein vorrangiger Antrieb?
Cornelius Dönnhoff: Heute, wo ich so viel mehr weiß, fasziniert mich sehr, das wir ja im Grunde aus etwas Alltäglichem, den Trauben, eigentlich aus nichts, etwas ganz Tolles machen können – den Wein! Das verlangt deine ganze Kreativität und Sorgfalt, deine Kenntnisse. Wir geben nichts raus aus dem Betrieb, machen, von der Pflege der Reben bis zum Versand des Weins, alles selbst. Ein gutes Gefühl.
FEINSCHMECKER: Und dann die Gesamtverantwortung für so ein renommiertes Weingut – auch das ein Kick?
Cornelius Dönnhoff: Ja, natürlich, auch wenn es manchmal eine Bürde ist. Zum Beispiel bei Hagel oder Frost. Das sind Momente, in denen du als qualifizierter Winzer plötzlich keine Kontrolle mehr hast, sondern nur noch reagierst. Überhaupt nicht schön.
FEINSCHMECKER: Du warst Mitte 30, als du den Betrieb ganz übernommen hast. Wie bereitet man sich auf die Aufgabe vor, eines Tages der Chef zu sein?
Cornelius Dönnhoff: Nicht so leicht zu beantworten, das ist ja dann doch eher ein Prozess. Aber ganz oben steht die gute Ausbildung, du musst im Weinberg und im Keller ganz genau Bescheid wissen und die richtigen Entscheidungen treffen. Das Führen der Mitarbeiter ist bei unserer Betriebsgröße – wir sind um die 20 Leute im Team – vielleicht sogar die größte Herausforderung. Vor allem zu erkennen und sich einzugestehen, auf welchen Gebieten der Arbeit man selbst nicht so gut ist und sich dort unterstützen zu lassen.
FEINSCHMECKER: Was sind denn drei deiner Stärken?
Cornelius Dönnhoff: Entscheidungsfreude. Kein Hadern, kein Zögern. Aber vorher lange genug nachdenken und die Entscheidungen dann konsequent umsetzen oder sogar durchsetzen. Was nicht bedeutet, dass man sein Kommando nicht gelegentlich auch mal revidieren muss. Außerdem: Überblick. Ich glaube, dass ich Zusammenhänge gut im Blick behalten und die richtigen Leute an der richtigen Stellen einsetzen kann. Und drittens: mit ganz unterschiedlichen Leuten auskommen. Ich kann mich einlassen und suche nach einem freundlichen Umgang mit allen.
FEINSCHMECKER: Was sind für Winzer deiner Generation heute die aktuell größten Herausforderungen?
Cornelius Dönnhoff: Sehr viele im Weinberg – und das sind bei uns nicht mehr 18 Hektar, wie 2007, als ich eingestiegen bin, sondern inzwischen 30. Wir müssen heute viel genauer arbeiten, durch unsere Ausbildung wissen wir ja auch viel mehr, das macht die Arbeit sehr detailreich, gerade in Zeiten des wärmeren Klimas. Es gibt auch in unserem Beruf jede Menge kleiner Stellschrauben, an denen du drehen kannst: das Laubwand-Management. Die grüne Lese. Langfristig auf andere Klone und Wurzelstöcke setzen. Entscheiden, ob du hohe oder eher niedrige Erziehungssysteme der Reben einsetzt. Alles, was wir heute neu anlegen oder verändern, richten wir so aus, dass die Reben mit dem wärmeren Wetter besser zurechtkommen. Das Ziel muss heißen: Zukunftssicherheit.
Allein die viele Zeit, die wir übers Jahr in die Laubwandarbeit stecken, um die Trauben mit dem Stand der Blätter etwa vor Verbrennung zu schützen; oder die Blätter zurückschneiden, wenn es sehr nass ist, zum Belüften der Trauben und um Fäule zu vermeiden. Wir müssen sehr gut darauf achten, die Rebstöcke gesund zu erhalten, und wir müssen sehr viel schneller auf Wetterextreme reagieren. Mir ist vor allem wichtig, dass wir nachhaltig arbeiten, so naturnah wie möglich, damit die Böden auch für spätere Generationen gesund bleiben und eine hohe Traubenqualität hervorbringen. Also: keine Herbizide, keine Insektizide verwenden, auch kein Kupfer spritzen – im Bioweinbau übrigens erlaubt. Ich jedenfalls möchte in unseren Böden trotzdem keine Schwermetalle ansammeln.
FEINSCHMECKER: Wer repräsentiert das Weingut auch mal persönlich im Ausland?
Cornelius Dönnhoff: Ich sag immer: Davon, dass ich durch die Gegend fliege, wird der Wein auch nicht besser, gell? Allenfalls Australien ist Chefsache. Ein grandioses Land! Die arbeiten da ohne bleierne Historie, da gibt es kein „das haben wir ja noch nie so gemacht“, das Pragmatische und Zeitgemäße, um alltägliche Probleme zu lösen, das gefällt mir. Das erlaubt mehr Weitblick und weniger Bürokratie. Bevor ich hier zu Hause eingestiegen bin, habe ich eine Zeit in Südaustralien, im Clare Valley, bei dem großartigen Jeffrey Grosset gearbeitet und seine überragenden trockenen Rieslinge kennengelernt, die heute auch seinen Kindern dort in dem heißen Klima toll gelingen, das imponiert mir.
Und was ich damals dort gelernt habe – über die Erziehung der Reben, die Ausrichtung und Art der Bepflanzung der Weinberge, damit sie die Hitze meistern und trockene Weine möglich sind - , war für mich hier an der Nahe interessant und hilfreich, gerade angesichts der heißen Jahrgänge 2018, 2019 und 2020. In Australien haben wir einen Importeur, der auch viele meiner deutschen Winzerfreunde im Programm hat. Da fliegen wir dann gern alle zusammen hin, das ist immer lustig. Ansonsten ist vor allem mein Mitarbeiter Sascha Schoemel unterwegs, der ganze Märkte beackert, und, wenn es ihre Zeit erlaubt, auch meine Frau Anne.
FEINSCHMECKER: Anne, die Mutter deiner beiden Kinder Laurenz und Lisa, arbeitet mit?
Cornelius Dönnhoff: Na klar. Und wie! Sie schmeißt das Büro. Und nein, sie ist keine Winzerstochter von nebenan, sondern kommt da oben von Köln und hat Wirtschaftsjura studiert.
FEINSCHMECKER: Hat einer wie du überhaupt noch Zeit für Hobbys?
Cornelius Dönnhoff: Sagen wir so: Ich fahre gern Fahrrad. Und ich kümmere mich inzwischen gern ums Haus und um den Garten. Und wenn kleine Kinder als Hobbys durchgehen, dann zählen auch Laurenz und Lisa dazu, mit denen ich sehr gern Zeit verbringe.
FEINSCHMECKER: Wohnt die gesamte Dönnhoff-Sippe unter einem Dach zusammen?
(Cornelius Dönnhoff wehrt lachend ab.) Nee, nee, da müsste mich schon der Teufel wieder hintreiben, wir sehen uns ja jeden Tag im Weingut. Anne und ich haben neu gebaut, ein paar Häuser weiter, und so konnten meine Eltern am Weingut bleiben.
FEINSCHMECKER: Was sind am Morgen deine wichtigsten Informationsquellen?
Cornelius Dönnhoff: Die Wetter-Apps!
FEINSCHMECKER: Die beste Jahreszeit für dich privat?
Cornelius Dönnhoff: Weihnachten! Ruhe im Weinberg, Ruhe im Keller. Da geht es mit Anne und den Kindern in die Ferne, in die Sonne. Zeit nur für uns. Das gab anfangs mit Anne schon Diskussionen: Warum kein großes Familienfest?? Weil wir die Familie doch das ganze Jahr sehen!
FEINSCHMECKER: Kannst du dir vorstellen, auch mal einen Dönnhoff-Wein für Lidl oder Aldi zu produzieren?
Cornelius Dönnhoff: Nee. So viel Zeit habe ich nicht
Helmut Dönnhoff schwelgt in Erinnerung
Was habe ich als junger Mensch meine Schwester darum beneidet, dass sie mit ihrer Zeit anfangen konnte, was sie wollte. Ich aber war vorgesehen für die Nachfolge im Weingut, ob ich wollte oder nicht, das war damals so. Nach der Schule gab es am Nachmittag immer gleich Arbeit für mich. So viel Arbeit, auch an den Wochenenden, für den Rest meines Lebens? Es gab aber kein Entrinnen, so hat sich das angefühlt.
Etwas Besseres hätte mir gar nicht passieren können
Also habe ich mich halt in die Kellerwirtschaft eingearbeitet. Mein Vater war froh darüber, er war ja im Herzen eher Weinbauer. Der Spaß kam erst mit der Zeit, sobald meine Aufgaben im Weingut interessanter wurden. Da legte sich ein Schalter um, und ich dachte: Sooo schlecht ist das ja gar nicht. Heute weiß ich: Etwas Besseres hätte mir gar nicht passieren können – zumal der erste Jahrgang, den ich zu vinifizieren hatte, der legendäre 1971er war! Nie wieder in den 50 Jahren meiner Arbeit als Winzer habe ich so schöne Trauben gesehen, das war so herrlich – wie eine erste große Liebe. 1971 war ein großer Glücksfall, viel falsch machen konnte ich ja nicht. Der Trugschluss aber war, dass ich dachte, so würde es nun immer weitergehen (lacht und lacht). Denkste! Gleich 1972 haben wir nur saures Zeug geerntet. Ich bin als Winzer mit 20 beschissenen Jahrgängen großgeworden, mit unreifen Trauben. Wir haben im Keller gestanden und Zucker gerührt und Kalk, um wenigsten ein bisschen mehr Alkohol und weniger Säure im Wein zu haben. Das haben alle so gemacht, aber keiner hat darüber geredet.
Ich musste hart lernen, abzugeben
Als die Jahre wärmer wurden, ging es endlich bergauf. Heute haben es die Nachfolger leichter, selbst in heißen Sommern – wir sind hier an der Nahe doch ein sehr nördliches Gebiet, da ist noch Luft nach oben, bis uns große Hitze ernsthaft schadet.
Das Tagesgeschäft habe ich ja nun schon eine ganze Weile aus dem Rücken. Ich schlafe jetzt morgens ein bisschen länger und habe mir eine weitere Tageszeitung bestellt, damit ich noch etwas zu lesen habe, wenn ich die neue FAZ schon fast auswendig kenne. Aber ich musste hart lernen, abzugeben, mich rauszuhalten, keine ungefragten Ratschläge zu geben und wegzubleiben von den Arbeitsbesprechungen am Morgen mit dem Team und nicht meinen Senf dazuzugeben. Nicht schweigend dabeizustehen. Furchtbar! Da habe ich aus falsch verstandener Hilfsbereitschaft anfangs vieles verkehrt gemacht. Da gibt’s auch noch mal Rückfälle, wenn man direkt am Weingut wohnt und alles sieht.
Tolle Auslese durch Edelfäule
Cornelius und ich ähneln einander sehr – wobei ich vielleicht ein bisschen diplomatischer bin –, wohl darum geraten wir häufig aneinander, wir streiten vor allem über Kleinigkeiten, aber das mit Leidenschaft: Sind die Trauben schon gut? Heute schon ernten? Wir sind beide detailverliebt, Cornelius sicher noch mehr als ich. Das liegt auch daran, dass er ganz anders ausgebildet ist. Im Keller, bei der Beurteilung des Klimas, im Weinbau und im Management in den Weinbergen – da ist mir Cornelius eindeutig überlegen. Und er flippt aus, wenn er Botrytis, die Edelfäule, an den Trauben entdeckt. Wenn ich dann sage: „Wieso? Daraus kannst du doch eine tolle Auslese machen!“, schimpft er zurück und ruft: „Ah ja? Und wem bitte soll ich die denn verkaufen???“
Unsere Rieslinge stehen für Reinheit, Klarheit, Puristik
Unsere Rieslinge stehen für Reinheit, Klarheit, Puristik, da sind Cornelius und ich uns einig, aber er ist noch um einiges rigoroser, gerade bei den trockenen Weinen, die ihm so wichtig sind. Ich selber bin mit den Jahren vielleicht auch etwas weniger streng geworden und kann auch einen Wein gut leiden, der mit etwas Charme auftritt. Mal Fünfe gerade sein lassen, das gibt’s heute nicht mehr. Aber: Auf jeden Fall sollte der Wein zu erkennen geben, woher er kommt. Ob unser Topwein, die Niederhäuser Hermannshöhle, nun allerdings nach Pfirsich oder Minze duftet, kann ich nicht sagen, mit solchen Beschreibungen kann ich wenig anfangen – und finde sie zum Teil abenteurlich. Mich gewinnt dieser Riesling mit seinem unverwechselbaren Ausdruck für sich, mit seiner Zurückhaltung, der ist klar strukturiert, schnörkellos, fast ein bisschen Bauhaus-Stil. Ich werde jetzt manchmal gebeten, am Computer eine Weinverkostung zu machen, etwa mit einem Händler in London. Sehr merkwürdig, diese distanzierte Situation, jeder allein vor seinem Glas … ich gewöhne mich nur sehr schwer daran.
Etwas, das ich mit meinen Kindern nie gemacht hätte
Meine Frau Gaby und ich, wir haben uns E-Bikes angeschafft und sind mit Monika und Paul Fürst vom Weingut Fürst in Mainfranken verabredet. Die sind ja auch Großeltern und aus dem Betrieb raus.
Als ich das erste Mal meine Enkelin Lisa im Kinderwagen die Bahnhofstraße rauf und runter gefahren habe, haben alle geguckt! Etwas, das ich mit meinen Kindern nie gemacht hätte. Zu unmännlich. Aber ehrlich: Jetzt macht mir das sogar richtig Spaß
So ging es auf dem Weingut Dönnhoff drei Tage nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 an der Ahr weiter
Helmut Dönnhoff: „Ich komme morgens auf den Hof und denke, ich sehe nicht recht. Cornelius und die ganze Mannschaft lassen alles stehen und liegen, laden den Unimog auf und fahren an die Ahr, zu Meike und Dörte Näkel zum Helfen. Zurückgekommen sind sie mit einem ganzen Lastwagen voller heiler, aber völlig verschlammter Weinflaschen. So viel Dreck habe ich lange nicht gesehen. Zum Glück halten die selbstklebenden Etiketten gut, man konnte also sehen, was in den Flaschen war. Die haben sich bei uns im Keller bis unter die Decke gestapelt. Nach und nach hat das Team sie alle einzeln gereinigt und so verpackt, dass sie wieder verkehrsfähig waren. Sie haben den Kolleginnen auch Fahrzeuge geliehen und immer wieder Unterstützung aus dem Team hingeschickt. Das ist Zusammenhalt!“