Die besten Einkaufsadressen Käse für Genießer 2022
Philippe Causse kennt Frankreich und Portugal wie seine Westentasche, der Liebe wegen blieb er in Berlin. 1996 eröffnete er im Bauhaus-Komplex mit denkmalgeschützter Ladenfront sein von Anfang an gefeiertes Habitat für außergewöhnliche Käse. Ab 2010 übergab er an die Töchter. Klima- und Umkehrosmoseanlage sorgen mit konstanten 17 Grad und keimfrei befeuchteter Luft für das ideale Raumklima, und auch weiterhin wird mit Passion beraten und erklärt. 60 bis 70 Sorten Rohmilchkäse sind im Angebot, die Mehrzahl aus Frankreich, darunter Brin d’Amour, ein korsischer Weichkäse aus Schafsrohmilch oder 18 Monate gereifter Beaufort d’Alpage aus Rohmilch der Almkühe in Savoyen, der höchstgelegenen Landschaft Europas. Spannendes käme momentan aber gerade auch aus England, sagt die älteste Tochter Anais. Ihr Favorit: der Stichelton aus Kuhrohmilch, vom kämpferischen Käsemacher Joe Schneider in Nottinghamshire, eigentlich ein wahrer Stilton und der letzte seiner Art; 1995 wurde Stilton aus Rohmilch in England verboten. Auch Wein, Oliven, Honige, Konfitüren, die wohl größte Auswahl an Gourmet-Fischkonserven vom Atlantik füllt gleich einen ganzen separaten Raum.
„KAESE“ steht in golden Buchstaben in Bauhaus-Manier hoch oben am begehbaren Reifeschrank aus Messing und Milchglas, davor das versierte Verkaufsteam, um beides herum eine Marmortheke und elegante Vitrinen. Die berühmte sechste Etage in Deutschlands größtem Kaufhaus wurde komplett umgebaut. Besonders gelungen ist der neue, nun schon von Weitem erkennbare Käsestand. Das Angebot wurde von 1150 auf 800 Sorten reduziert – und dabei neu ausgerichtet. Seltenere, ungewöhnlichere Sorten und auch Käse aus Deutschland stehen jetzt im Fokus, erklärt Martina Loeser, die neue Leiterin der Abteilung, die zudem Diplom-Käsesommelière ist. Ihre Lieblingskäse momentan im Sortiment: Sechs Monate gelagerter und mit Trester und Barolo verfeinerter Ocelli al Barolo, ein Kuh- und Ziegenrohmilchkäse aus der Region Langhe im Piemont, von Cyrille Lorho affinierter Camembert de Normandie und auch die gereiften Ziegenrohmilchkäse vom Vulkanhof Ziegenkäse Vulkaneifel wie „Eifelmilde“ mit Weißschimmel und Pinienasche oder „Eifelwürze“ mit Van-Volxem-Rieslingrinde. Im Verkauf auch Ziegenbutter, Clotted Cream oder Pâté de framboises als fruchtige Käsezutat.
Landlust, Regionales oder schlicht Frisches aus dem Umland war im einstigen West-Berlin undenkbar. Sehnsuchtsort war Italien, vor allem die Toskana. Ein Stückchen davon brachten Astrid und Mike Peacock ab 1982 selbst importiert im eigenen Mini-LKW in die Stadt. Anfangs wurde auf Wochenmärkten verkauft, dann in ihrem Südwind im Schöneberger Kiez, einem der ersten Feinkostläden. Auswahl und Angebot haben sich seitdem verändert. Geblieben sind die familiäre Atmosphäre, engagierte Beratung sowie ein Fokus auf gutem Käse. Ca. 80 Sorten sind im Sortiment, aus Frankreich, Italien, den Niederlanden und auch Deutschland; etwa Saint Félicien, ein französischer Weichkäse mit Weißschimmel aus der Dauphiné, Chèvre Pyrénées aus Ziegenrohmilch, holländischer Bio-Ribeaupierre oder auch bunten Heublumenkäse aus dem Allgäu. Stolz ist man im Laden aber auch auf die guten Käse aus dem Umland, erklärt Verkaufskraft Polina aus Moskau, wie etwa Mozzarella und Burrata von den Wasserbüffeln von „Bobalis“ im nahen Jüterbog. Gute Auswahl an charakterstarken Weinen zu fairen Preisen.
Lange bevor die Markthalle Neun um die Ecke das Epizentrum Berliner Hipster-Gourmets wurde, war die Marheineke-Markthalle in Kreuzberg ein Garant für frische und geschmackvolle Produkte, die stets direkt vor Ort verkostet werden konnten. Knippenbergs ist der Käseladen in der Markthalle und bietet rund 120 Sorten aus ganz Europa. Die Inhaber haben sehr gute Kontakte zu den besten Produzenten Italiens und Frankreichs, sodass auch seltene Sorten den Weg nach Berlin finden: wie die Käse von Hervé Mons, einem Mâitre fromager affineur, der seine Produkte in einem Eisenbahntunnel in der Auvergne reifen lässt. Oder der biozertifizierte Parmigiano Reggiano der Familie Brugnoli. Knippenbergs Käse hat seine Stammgäste in ganz Berlin, schließlich fährt der Käsewagen täglich zu einem anderen Markt wie dem Winterfeldtplatz, dem Arkonaplatz in Mitte oder dem legendären Kollwitzmarkt am Samstag im Prenzlauer Berg.
Eric Marette stammt aus einer Pariser Konditorenfamilie. Nach der Wende zog es ihn ins neue bunte Berlin. Was ihm fehlt waren Topprodukte im Alltag, wie zu Hause. Die logische Konsequenz – sein Les Épicuriens in der Marheineke Markthalle in Kreuzbergs Bergmannkiez. Seit 2013 bietet er das Beste aus Frankreich – Wein, Wurst, Austern, Süßes – zu fairen Preisen an. Pâté sowie die himmlische Foie gras maison macht er selbst. Im Mittelpunkt steht aber die Käsetheke, darunter Spezialitäten wie Bauern-Camembert von Francine und Patrick Mercier aus normannischer Bio-Rohmilch, drei Jahre gelagerter Comté von Marcel Petite in Pontarlier, mit Sauternes gereifter Fourme d’Ambert, ein Blauschimmelkäse, von Affineur Cyrille Lorho oder auch Fior di Pecura, Schafsrohmilchkäse aus Korsika. Die Lust auf guten Käse hat seit Beginn der Krise klar zugenommen, sagt Marette. Im nagelneuen Bistrobereich mit runden Tischen zwischen den Regalen kann nun auch gleich vor Ort genossen werden. Es gibt Raclette, Fondue, Platten mit Ziegen- oder Schafskäsen oder die „10 Käse für 3 Personen“ (€ 34,90). Im Verkauf auch Rohmilchbutter aus der Normandie, Chutneys zum Käse mit Rosmarin, Thymian, Rose/Litschi und knackig frisches Baguette.