Die 100 besten Olivenöle: Olio Award 2024
Zum zweiten Mal dabei und gleich um 34 Plätze verbessert: Marco Rizzi, der unter anderem eines der schönsten, das heißt qualitativ hochwertigsten Picholine-Öle erzeugt. (Und damit ein weiteres Mosaiksteinchen für unsere aufgrund längerer Beobachtung formulierte These, dass diese seit Jahren schon aus Italien zu kommen scheinen). In diesem Jahr hat uns allerdings sein sortenreines Coratina, das Rizzi in einer der modernsten Ölmühlen Italiens extrahiert, begeistert, das, wie so häufig bei dieser Sorte, mit seinen Mandelpfunden wuchert: herrlich dünnflüssig, im Ansatz bittersüß und geradezu belebend, im Duft, neben Mandel auch der grüne Stielansatz der Aubergine, Fenchelsaat und Minze. n:
Contrada Spetterrata, 72015 Montalbano di Fasano, Italien
Die 2023/24 im Palast bevorzugte Mischung (Picual-, Arbequina- und Royal-Oliven aus Hainen im Guadalquivir-Tal, zwischen den Naturparks von Cazorla und der Sierra Mágina) kann nicht ganz an das Ergebnis vom Vorjahr anschließen (Platz 22), ist möglicherweise auch etwas zurückhaltender iin Sachen Frucht, macht aber hinsichtlich ihrer Subtilität, Harmonie und Finesse eine ganze Menge her. Im Duft grüne und reife Tomate, Tomaten- und Olivenblätter und Babyspinat, am Gaumen im Ansatz jetzt etwas breiter, dichter, mehr Blattgrün (jetzt eher Feldsalat, etwas Rauke), sehr moderates Artischockenbitter und eine zwischen Brunnenkresse und grünem Pfeffer changierende Schärfe.
Für das zweite der Top-Öle von Palacio Marqués de Viana, das „Sublime“, wird das Öl von Picual-, Arbequina- und Royaloliven einer sehr frühen und mit dem einer etwas späteren Ernte kombiniert, um intensive Rezenz und eine leichte, sehr feine Süße als aromatische Pole im Blend zu fixieren. Und tatsächlich duftet das Öl animierend „grün“ nach Gras, Petersilie, grünen Äpfeln und frischen Pinienkernen. Am Gaumen dann mehr Körper, etwas reifer, fruchtiger: Tomaten, Olivenfrucht und -blätter, ein Hauch Banane und feines, zartherbes Artischockenbitter nebst dezenter Schärfe im Nachhall, der bemerkenswert komplex ausfällt. Ein in der Tat sublimes Öl, das seinem Namen alle Ehr macht!
Das „Epicure“ kann ja nur gut sein. Warum? Dahinter steckt derselbe Produzent, der auch für Platz 28 unseres Wettbewerbs verantwortlich zeichnet: Familie Yévenes, deren klassische Linie mit dem Etikett „Hispasur“ vermarktet wird. Seit 1858 widmet sich Familie Yévenes dem Olivenöl, Zeit genug also, um eine zeitgeistige, dabei qualitativ hervorragende Zweitmarke zu etablieren. Der Hojiblanca-Picuda-Blend duftet grasig-frisch, dazu deutlich fruchtige Noten (Apfel, Tomate, Olivenblätter). Am Gaumen Avocado, wieder Tomate, Artischocken- und Radicchiobitternoten (sehr präsent und raumgreifend), anfangs Rauke- und Rettichschärfe, dann schwarzer Pfeffer (moderat), im Nachhall Chili (deutlich mehr!).
Ein Mantra, das wir gerne wiederholen: Der Spanier liebt sein Picual – und wir nicht minder. Dieses im Ansatz leicht süßliche Öl stammt von sehr früh geernteten Oliven aus der DOP Sierra Mágina und hat alles, was man sich wünschen kann (und sollte): Frische (Gras, balsamisch-ätherische Noten von Minze und Basilikum, Olivenblätter, Zitrusfrüchte), komplexe Aromen (Tomate in sämtlichen Reifestadien nebst Blattwerk und Rispe, grüner Apfel, Artischocke, noch unreife Mandel und grüne Banane), anregende, dabei angenehme Bitterkeit und Schärfe in nahezu perfekter Balance.
Olivenflüsterer Rafael Alonso Aguilera hebt auch in diesem Jahr wieder einmal einen Schatz aus dem „desierto de Tabernas“ in der andalusischen Provinz Almeria, Europas einziger Wüste. Die „Wüstengold“-Coupage, ein Blend aus Picual plus Hojiblanca und Arbequina, die goldgrün schimmert, präsentiert sich auch in aromatischer Hinsicht in der Nase und am Gaumen recht grün: zart Minze bis fast Eukalyptus, dann grasig, Tomatenfrucht und blätter-, dazu grüne Mandeln, Rauke und zitrische Noten, Chicoree, distinktes Artischocken-Walnussbitter (grün) und feine, recht präsente und vor allem persistente Chilischärfe (noch im grünen Bereich).
CTRA N340A, 4200 TABERNAS, Spanien
In der „Uljara Vodnjan“, einer seit ihrer Gründung 1911 ohne Unterbrechung betriebenen Ölmühle im istrischen Städtchen Vodnjan (città di Dignano im Italienischen) werden die Oliven aus einen bei Barbariga von etwas 7000 Bäumen zu Öl verarbeitet. Von den drei Linien des Unternehmens – Punta Cissina, Torčol und Salvela – hat es uns letztere und dort vor allem das reinsortige Buža angetan: Weißkohl- und Brokkolinoten, grüne Mandeln, Kräuter, etwas Apfel, am Gaumen anregend herb, dabei geradezu zart, süßliche Mandeln und Mandelbitter, etwas grüne Banane und eine moderate, leicht wärmende Schärfe im Finish.
Und wieder eine Premiere, wieder ein Familienunternehmen, das sich konsequent seiner schönen heimatlichen Landschaft, den sanften Hügeln um die Gemeinde Mafalda (namengebend für die Sorte Gentile di Mafalda) und den wertvollsten Kulturbäumen überhaupt widmet. Der Jury hat es allerdings besonders die Selezione Mastrangelo, eine aromatisch immens komplexe Coupage aus Leccio del Corno, Ascolana und Coratina. Mandel, Minze, grüne und reife Banane, Apfel, ein Hauch von Vanille und Zimt, in dieser Kombination recht einzigartig, zumal die zarte Schärfe, die nicht ganz die Intesität des Mandelbitters erreicht, tatsächlich an Zimt erinnert. Sollte, nein muss man probiert haben!
„Oio Vivo“, lebendiges Öl, nennen die Macher von Oleum Maris, die an der Südspitze der istrischen Halbinsel zwischen Pula und Vodnjan gut 15000 Olivenbäume hegen und pflegen. Von den insgesamt vier sortenreinen Ölen des Portfolios (zwei Blends sind auch im Programm) hat uns das aus der heimischen Buža in seiner überbordenden „Mandeligkeit“ besonders gut gefallen: Tatsächlich scheint hier das Thema Mandel auf die Spitze getrieben, im Duft wirkt die konzentrierte Mandelaromatik fast schon künstlich, verbindet sich dann, als habe ein Parfumeur seine Hand (oder Nase) im Spiel mit Süßholznoten und einem grüngetönten Je ne sais quoi, das sich Gaumen gen Banane und Endivie auflöst. Im Finish recht herb (und leicht adstringierend) und mit einer nach und nach einsetzenden und langanhaltenden peperoncino-Schärfe. Sehr spannend!
Der Blend aus Frantoio und Leccino, den Nilvana Guerra bei Sassocorvaro im Herzen des Montefeltro auf Flaschen mit dem Konterfei ihrer Mutter Agape füllt, erinnert im Duft und am Gaumen an grüne Tomaten, grüne Banane, Avocado und Artischocke. Im leicht pikanten Finish finden sich neben Bittermandeln noch etwas Chicorée und eine Spur Artischockenbitter, das auch im Nachhall das Maß aller aromatischen Dinge ist.
Via Peschiera, 61028 SASSOCORVARO AUDITORE, Italien